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Eine neue biographische Skizze der Architekten Bruno und Max Taut

Design Kunst

 

Eine Biografie über die Brüder Taut – ist das eine Sache für Spezialisten, Architekten oder eher Berliner Baugeschichtsenthusiasten? Der »Gebrüder Mann Verlag« brachte in den vergangenen Jahren schon einige wichtige Bücher zu Bruno Taut (1880-1938) heraus. Dessen Bruder Max (1884-1967) ist allerding weniger bekannt und stand auch sein Leben lang im Schatten von Bruno. Möglicherweise war dieser Umstand auch ein wenig Motivation für die vorliegende Familiengeschichte dreier Brüder, von denen zwei ein Stück der deutschen Geschichte spiegeln.

Durch die gründliche Archivarbeit und auch Auswertung der Briefwechsel gelingt es der Autorin, die beiden Architekten zu lebendigen Menschen werden zu lassen. In chronologischer Ordnung werden u.a. die Jugendjahre der Brüder in Königsberg, erste Stationen in verschiedenen Architekturbüros, die Fronteinsätze von Max und dem Büropartner Franz Hoffmann im I. Weltkrieg, die fetten Bau-Jahre 1923-1928, Brunos Wanderungen in die Sowjetunion, nach Japan und in die Türkei oder die zweite Nachkriegszeit vorgestellt, die nach dem Tode Brunos 1938 allerdings nur von Max erlebt wird. Die Autorin legt Wert darauf, auch die Eheverhältnisse und das private Umfeld darzustellen.

Architekten Bruno Taut und Max Taut

Die Tauts konnten 1901 bzw. 1904 die Königsberger Baugewerkschule abschließen und es sollte bei Bruno bis 1909 dauern, ehe er zusammen mit Franz Hoffmann sein eigenes Büro in Berlin eröffnete, in das 1913 dann auch sein Bruder Max eintrat. Ganz in räumlicher wie inhaltlicher Nähe zum Expressionismus schreibt Bruno im berühmten Sturm und pflegt genauso Kontakt zu Intellektuellen wie in die Politik, um an Aufträge zu kommen. Freilich erst, nachdem die Überbrechung durch den I. Weltkrieg und die mageren Nachkriegsjahre vorüber waren.

Spannend ist es, anhand der Briefe an seine Verlobte Hedwig die Begegnung des jungen Bruno mit sich selbst nachzuvollziehen. Diese Bespiegelung glich nämlich eher einem Ringen, in dem sich ein Künstler zeigte, der sich die schwierigste Ausdrucksart ausgesucht hat, nämlich ein schöpferisches Wirken, das sich stets und immer wieder am Zweck, der Funktion und Einschränkungen durch Nutzungen und andere Sachzwänge abarbeiten muss. Schon früh wollte Bruno die Architektur an die Grenze führen, so z.B. auch mit dem berühmten Glashaus in Köln von 1914: »Doch die Faszination für das Material Glas kann sich in solch ephemerer Architektur wohl am besten ausleben lassen«.

Er will aus dem Zweck heraus. So soll der Bau nur für sich stehen und damit Schönheit mit Dauer verbinden. Ein Wille, der in der damaligen Zeit des Expressionismus, Surrealismus und Futurismus auf fruchtbaren Boden fiel. Auch die ausgiebige Nietzschelektüre, umfängliche Exzerpte aus dessen Also sprach Zarathustra und der utopische Einfluss des schreibenden Architekten Paul Scheerbart, der von Städten aus Glas und Gebirgen aus Häusern träumte, trugen ihr Übriges dazu bei, dass Brunos Wille zur Fantasie glücklicherweise sein Leben lang anhielt.

Eine prägende Konstante gibt es neben dem Expressionismus in jenen Jahren auch noch, nämlich den Anspruch, mit den Mitteln der Kunst politisch wirken zu wollen und das Bewusstsein der Menschen zu verändern. Das Verfolgen dieser Utopie brachte Bruno schließlich 1932 auch kurz in die stalinistische Sowjetunion. Schon Anfang der 1920er begann sein Interesse am revolutionären Russland und er fasste auch damals schon eine Übersiedlung ins Auge. In Berlin fiel es auch nicht besonders schwer Kontakt zu finden, war die Spreemetropole doch ein Zentrum (auch) für Russen. Freilich war seine Blindheit gegenüber dem virulenten stalinistischen Terror der 1930er Jahre schon bemerkenswert und es endete nach nur einem Jahr wie es enden musste: »ein berufliches Desaster auf ganzer Linie für den Arbeitswilligen und Euphorisierten«.

Der utopisch-sozialistische Einschlag von Bruno führte auch zu seiner Emigration bzw. dazu, dass er nicht mehr aus Japan zurückkehrte, sondern sein Glück in Istanbul versuchte, wo er schließlich 1938 auch verstarb. Max hingegen galt seit jeher als der Introvertiertere und hängte seine Meinung nie an die große Glocke. Es mag sein, dass ihm diese Charaktereigenschaft half, relativ unbehelligt durch die Regierungszeit der Nationalsozialisten zu kommen. Später wird er sagen, dass er zwischen 1933 und 1945 praktisch nicht gebaut habe, was freilich nicht ganz stimmt, denn er bearbeitete (teils nicht mehr in eigener Regie) kleinere Projekte. Auf jeden Fall konnte auch er nicht mehr auf seine früheren Auftraggeber, die sozialistischen Gewerkschaften zurückgreifen.

Bruno Taut, Glaspavillon 1914

Seine große Zeit jedoch sollte im Wiederaufbau kommen. Zwar in der Heimat geblieben, galt er doch als »unbelastet« und wird auch schnell (1945-1953) Professor an der Universität der bildenden Künste in Berlin (heute UdK). Sein Credo wirkt sympathisch und scheint sich auch des verstorbenen Bruders zu erinnern: »Nach zwölf Jahren Diktatur und Bevormundung soll die Architektur wieder eine Kunst werden, die von selbstständigen Persönlichkeiten und Menschen mit künstlerischer Fantasie ausgeübt wird«. Max hat auch einen nicht zu unterschätzenden Anteil am Wiederaufbau Berlins nach dem II. Weltkrieg, so baut er vor allem für Gewerkschaften, an Siedlungen und Typenhäusern und sorgt dafür, dass die Menschen schnell wieder Dächer über die Köpfe bekommen. 80-jährig erhält er schließlich 1964 das Bundesverdienstkreuz.

Für eine Leserschaft mit genügend Interesse an Bau- wie Zeitgeschichte und dem Expressionismus ist dieses Buch geeignet. Es ist sicher auch ein weiterer Teil in der nicht enden wollenden Nabelschau der traumatisierten Nachkriegsdeutschen auf ihre Geschichte im 20. Jahrhundert und ebenso eine weitere Facette in der Erforschung der Arbeit von Bruno Taut. Der Handlungsstrang des Buches folgt der chronologischen angelegten Analyse der Briefwechsel und die Vorauswahl der Schlaglichter durch die Autorin scheint auch einen plausiblen Weg durch das Leben der Architektenbrüder zu bahnen. Betont wird, dass es bislang unveröffentlichte Fotos, Pastelle und Zeichnungen zu sehen gibt.

Hörner, Unda: Die Architekten Bruno und Max Taut: Zwei Brüder - zwei Lebenswege
Berlin 2012; Gebrüder Mann Verlag; 216 S. m. 48 Abb., davon 8 farbig, 14,5 × 21 cm, geb., 29,00 €

 

Autor: Christian J. Grothaus, Architekt und freier Autor mit Fokus auf Musik, Philosophie, (Bau-) Kunst und Ästhetik, www.logeion.net

Coverbild, Gebrüder Mann Verlag

 

 


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Projekte (d)

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