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Sanierung des Sparkassen-Hochhauses in Rosenheim

Projekte (d)

 

Im Herzen der historischen Altstadt der bayrischen Stadt Rosenheim steht seit 1969 in unmittelbarer Nachbarschaft zu Parkanlagen und Plätzen das Sparkassen-Hochhaus. Bereits vor über 40 Jahren beim Bau des ursprünglichen Sparkassen-Hochhauses wurde von der Architektur die Aufgabe übernommen erforderliche Funktionen wirtschaftlich übereinander anzulagern und der Ausdehnung in die Peripherie vorzubeugen.

Aufgrund einer Fusion beschäftigte sich die Sparkasse Rosenheim-Bad Aibling im Jahr 2006 mit dem Thema Hochhaus. Hierbei ging es erstmals um die Fragestellung Sanierung oder Abbruch.

Die grundlegende Abwägung, ob es wirtschaftlich und ökologisch sinnvoll ist, das bestehende Gebäude zu erhalten und eine Sanierung einem Abbruch und Neubau vorzuziehen, war die Ausgangsbasis für alle darauffolgenden Planungen.

Durch Forschungsarbeiten, Gutachten, Modellrechnungen, Simulationen und Kostenbetrachtungen konnte nachgewiesen werden, dass eine Sanierung einen hohen Flächenertrag erwirtschaften wird.

Architektur
Erster Preisträger des 2007 ausgelobten Wettbewerbs wurde SAI-Schleburg generalplanung. Essentieller Teil des Entwurfes ist die Doppelfassade, deren Primärfassade zum ersten Mal bei einem Hochhaus aus Holz besteht. Bereits hier war erkennbar, dass das Energiekonzept im Zusammenspiel mit der Architektur das Gebäude in Zukunft beispielgebend werden lässt.

Das »alte« Sparkassen-Hochhaus hatte sich bei der Bevölkerung, wenn auch nicht von Jedermann geliebt, über die Jahrzehnte als Landmarke etabliert. Ursprünglich mit Natursteinfassade versehen, weckt die neue Fassade durch die Verwendung heimischer Materialien sowie deren Formensprache in Nah- und Fernwirkung Assoziationen zu Nachhaltigkeit, Regionalität und Wertbeständigkeit.

Das Gebäude kommuniziert mit seiner Umgebung, nimmt städtebauliche Fluchten und Höhen auf und wirkt selbst eher zurückhaltend als nach Bedeutung heischend. Die Doppelfassade, mit ihrer äußeren Klimaschutzhülle wurde als vollkommen transparente Glasfassade ausgeführt, hinter welcher eine Lochfassade mit Holzverkleidung angeordnet ist. Durch integrative Planung konnte ein auf äußere Umwelteinflüsse reagierendes und flexibles Gebäude entstehen.

Das Material Holz in seiner Optik, Oberfläche und Farbigkeit verleiht dem Äußeren einen Warmton, der zuvor mit einem Gebäude dieser Dimension nicht in Verbindung gebracht wurde. Im Süden wurde ein neuer Eingang geschaffen, um den gesamten Sparkassen-Komplex inklusive Hochhaus mit dem öffentlichen Straßenraum zu verbinden und die lange angestrebte fußläufige Durchwegung komplettiert. Der sanierte Bereich versteht sich als städtebauliches Bindeglied und Kopfbau, dessen Erdgeschoss die dahinterliegende Kundenhalle mit der südlichen Innenstadt verbindet. Das erste und zweite Obergeschoss gibt dem Haus in seinem Kontext Halt und übernimmt interpretatorisch städtische Dominanten wie Traufkanten und Fluchten.

Vom dritten bis zum zwölften Obergeschoss erstreckt sich das eigentliche Hochhaus, welches um eine Etage aufgestockt wurde. Bereits ab der vierten Etage genießt man uneingeschränkte Weitsicht auf Alpenpanorama. Die beiden obersten Etagen beherbergen die Veranstaltungs- und Besprechungsebenen, welche mit der aufgesetzten Technikzentrale den oberen Gebäudeabschluss bilden. Die zurückgesetzte zwölfte Etage - das »Skydeck« - mit auskragendem Sonnenschutz trägt zum weithin sichtbaren und zurückhaltenden Gesamtbild bei.


Fassade
Die ursprüngliche Fassade des Sparkassenhochhauses war energetisch wie bautechnisch obsolet und zeigte grundlegende Alterserscheinungen. Formuliertes Ziel der Fassadensanierung war daher eine ökologische und wirtschaftliche Ausführung, unter
Berücksichtigung eines möglichst hohen Grades an Individualisierung, der Integration dezentraler Technik und in Abhängigkeit zur Jahreszeit einer effizienten Regelbarkeit.

Die gestalterische Ausstrahlung der neuen Fassade wird durch die gezielte Kombination aus Holz und einer zurückhaltenden Stahl-Glas-Konstruktion unterstrichen. Die transparente Fassadenhülle aus Glas vermittelt hierbei zwischen Innen und Außen. Die Primär- und Sekundärfassade sind synergetisch aneinander gekoppelt. Das Glas bietet dem Holz den gewünschten UV-Filter, um das Vergrauen zu verhindern und Dauerhaftigkeit zu sichern. Temperatur- und Druckgefälle vor der Fassade können gezielt abgebaut werden. Die Holzfassade absorbiert ihrerseits durch den präzisen Einsatz von Fugen den Schall innerhalb des Fassadenkorridors. Die Schallimmissionen werden drastisch gemindert. Durch die Verwendung des Holzes wird zudem eine Gewichtsreduzierung erzielt, welche der lastäquivalenten Sanierung Rechnung trägt.

Der elektrische Energieaufwand für Kunstlicht wird durch gezielte Tageslichtlenkung deutlich reduziert. Hierbei spielt die zweischalige Hochhaus-Fassade mit windgeschütztem Fassadenzwischenraum und integriertem, hoch reflektierendem Sonnenschutz eine sehr wichtige Rolle. Die leichte Zugänglichkeit über den Korridor der Fassade vereinfacht die Wartungs- und Reinigungsarbeiten. Alle Steuerungseinheiten
sind im Brüstungskanal gut erreichbar angeordnet und einzelne Einheiten können bei Bedarf problemlos ausgetauscht werden. Die beweglichen Glas-Klappen vermeiden im Sommer eine Überhitzung des Fassadenkorridors. Durch den vorgeschalteten Pufferraum sind an der Holzfassade somit geringe Temperaturschwankungen zu erwarten. Der generierte »Wintergarteneffekt« optimiert die Heiz- und Kühlkostenersparnis. So wird die Fassade im Winter nachts als Wärmepolster geschlossen bleiben, während sie sich im Sommer zum Hinterlüften und Auskühlen komplett öffnet. Niederschläge werden durch die Glashülle vom Gebäude ebenfalls abgeführt. In allen Ebenen können die Büros über die Holzfenster individuell belüftet werden. Dies ist für ein Hochhaus einerseits untypisch, durch die Doppelfassade andererseits jedoch komfortabel.

Haustechnik
Die Versorgung eines Gebäudes dieser Typologie erfordert nach heutigen Standards hinsichtlich Heizung, Lüftung, Kühlung sowie Belichtung und Beleuchtung in konventioneller Ausführung enorme Versorgungsschächte, welche einer Optimierung der Nutzflächen gegenüber stehen. Durch Vermeidung vertikaler Schächte wird weniger der kostbaren Nutzfläche verbraucht. Die horizontale Verteilung der Medien erweist sich unter der Decke oder im Fußbodenbereich ebenfalls als schwierig, da die durchschnittliche Geschosshöhe mit ca. 3,07m sehr niedrig ist.

Integraler Bestandteil der Konzeption ist dezentrale Haustechnik, welche in ihrer Form und Lage eine maximale Flexibilität in der Nutzung und im Komfort gewährleistet. Unter der Stahlbetondecke werden Kapillarrohrmatten eingeputzt, die in Verbindung mit der Nutzung natürlicher Kältequellen über Grundwasserbrunnen und Verdunstungskühlung sowie Niedertemperaturbeheizung über ein Wärmepumpensystem betrieben werden. Die Rasterung von Kapillarrohrmatten im Intervall von 1,25 Meter ermöglicht eine flexible und im Nachgang reversible Raumaufteilung. Freie Deckenoberflächen, die tagsüber große Wärmemengen aufnehmen können, welche nachts aktiv wieder entzogen werden, sichern eine optimale thermische Behaglichkeit in den Räumen.

Die intelligente Verquickung von Doppelfassadensystem mit den Kühl-, Heiz- und Lüftungssystemen reduziert die Energiekosten auf einen Bruchteil des Ausgangswertes. Der Primärenergiebedarf wird deutlich gesenkt und erreicht einen Idealwert von nahezu 100kWh/m²a. Durch eine effiziente Fassadensteuerung stellt sich das Gebäude optimal auf die jeweilige Wettersituation ein und maximiert zudem den Nutzerkomfort.

Der Grundgedanke, die vorhandene Substanz zu erhalten und zu sanieren, wurde nach umfangreichen Untersuchungen als realisierbar bestätigt. Der Beton hat seine Qualität durch Alterung verbessert, so dass ein umfassendes Sanierungskonzept entwickelt werden konnte.
Das Tragwerkskonzept zur Umbaumaßnahme sah im Ansatz eine lastäquivalente Sanierung vor. Im Detail beinhaltet dies u.a. die Entfernung der massiven Betonbrüstungen unterhalb der Fenster sowie den Abbruch der obersten zwei Etagen, welche als Veranstaltungs- und Konferenzebenen neu erbaut werden.

Außerdem wird das Hochhaus bis auf die tragenden Bauteile entkernt. Durch mikroinvasive Eingriffe in die bestehende Tragstruktur des Bestandes konnte das Gebäude erhalten werden. Mit Verstärkung der Bauteile an den statisch entscheidenden Stellen ist es gelungen die
Standsicherheit und auch den Brandschutz der Bauteile nach heutigen Normen und Richtlinien nachzuweisen. Die Fundamente konnten unangetastet bleiben, welches bei den vorhandenen Grundwasserverhältnissen von großer Bedeutung ist.

Brandschutz
Der Brandschutz im Gebäude wird unter Berücksichtigung des Bestandes an heutige Standards angepasst. Die Rettungswegsituation wird durch die Ergänzung des vorhandenen Sicherheitstreppenraums mit einer Druckbelüftungsanlage in allen Geschossen verbessert. Einer der beiden vorhandenen Aufzüge wird derart modifiziert, dass er der Feuerwehr für eine schnellere vertikale Erschließung zur Verfügung steht. Damit werden die Angriffsmöglichkeiten für die Feuerwehr optimiert.

Das Hochhaus stellt einen eigenen Brandabschnitt dar, der im Bestand von den weiteren angrenzenden Bauteilen durch Brandwände abgetrennt wird. Außerdem erhält das Gebäude eine umfassende Brandmeldetechnik, die eine Brandentstehung sehr zeitnah der Feuerwehr melden kann.

Die neu vorgesehene Holzfassade hinter der äußeren Glasfront der Doppelfassade stellt eine grundsätzliche Abweichung von den Anforderungen des Baurechts dar. Diese Abweichung ist in Abstimmung mit der Genehmigungsbehörde möglich, da der Fassadenzwischenraum mit einer hochwirksamen Hochdrucknebel-Anlage ausgestattet wird. Diese Anlage erzielt eine dreidimensionale Löschwirkung und kann daher im Fassadenzwischenraum effektiv eingesetzt werden. Im Brandfall kann bei dieser Anlage mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit von einer Brandlöschung ausgegangen werden. In Verbindung mit einer Brandfallsteuerung für die Glasklappen der Sekundärfassade kann eine gezielte Rauchableitung aus der Fassade gewährleistet und der Brandüberschlag in andere Geschosse ausreichend behindert werden.

Nachhaltigkeit
Das Ziel von nachhaltigem Bauen ist in erster Linie Qualität. Derartige Gebäude sind effizient, umweltfreundlich, ressourcensparend und behalten auch langfristig ihren hohen Wert. Für ihre Nutzer sind diese vor allem behaglich und gesund. Der spezifische Entwurf des Hochhauses hatte zum Ergebnis eine vorgehängte Fassadenkonstruktion aus einer statisch und bauphysikalisch optimierten, transparenten Klimaschutzhülle mit dem dahinter liegenden Raumabschluss. Diese Kombination ist so geplant, dass sie ökologisch und sehr wirtschaftlich umgesetzt werden konnte. Da die Primärfassade optimal geschützt ist, konnte hier auf kostspielige, in der Herstellung sehr energieintensive Materialien verzichtet werden. Als vorherrschendes Fassadenmaterial in Konstruktion und Brüstungselementen konnte Lärchenholz bewusst verwendet werden. Holz muss als Werkstoff im Gegensatz zu anderen Baustoffen für die Herstellung des Rohmaterials keinerlei Energie zugeführt werden. Die einzelnen Fassadenteile können zudem in heimischen Schreiner-Betrieben angefertigt und auf der Baustelle zusammengesetzt werden.Lärchenholz stellt unter den europäischen Nadelnutzhölzern ein sehr dauerhaftes Holz dar. Die
hervorragende Verfügbarkeit nachwachsender Rohstoffe, kurze Transportwege, in die Region passende Haptik und erhebliche Gewichtsvorteile bestärken diese Materialwahl.

Innenarchitektur
Das Konzept der Innenarchitektur strebte stets nach Räumen der Arbeit – statt Arbeitsräumen. Die Holzverkleidung, als Reflexion der äußeren Fassade, ist zum Leitmotiv für den gesamten Innenraum geworden. Das horizontale Motiv der Holzlamellen an der Fassade wurde in sämtliche Räumlichkeiten, wie z.B. Küche, Pausentreff, Aufzugsvorraum, Treppenhaus etc. projiziert, sowie als Diskretionsstreifen aufgegriffen. Die beweglichen Wände ermöglichen ein flexibles Raumgliederungssystem für typgerechte und mitarbeiterfreundliche Arbeitsplätze. Das neue Beleuchtungssystem, die bewusst angewandte harmonische Farbzusammenstellung, die Holzfenster, hochwertige Bodenbeläge wie Kunststein oder Teppich und die ausgewählte Möblierung tragen als Gesamterscheinung zu einer behaglichen  Raumatmosphäre bei.

Die das Raumklima beeinflussenden Faktoren wie Heizung, Kühlung, Lüftung, Licht, Geruch etc. wurden akribisch nach neuesten Standards untersucht und dem Konzept zugrunde gelegt. Komplettiert wird die Innenraumkonzeption zudem durch ein ausgefeiltes Begrünungskonzept.
Um hohe Nutzerzufriedenheit zu erzielen, ist die gesamte Gebäudetechnik darauf ausgerichtet, das »sickbuilding-syndrom« zu vermeiden und ein Unwohlbefinden auszuschließen.

Es ist ein Gebäude entstanden, welches durch seine intelligente Fassade auf die ganz spezifische Tagesund Wettersituation reagiert, sowie den Nutzer die Raumkonditionen individuell beeinflussen lässt. Aufgrund einer integrativen Planung konnte ein atmendes, auf äußere Umwelteinflüsse reagierendes und flexibles Gebäude entstehen. Die eindrucksvolle Komposition der Glashülle in Verbindung mit der primären Fensterkonstruktion überzeugt als positiver Faktor hinsichtlich Energiebilanz, Gebäudetechnik, Nachhaltigkeit und architektonischem Ausdruck.

Hochhaussanierung Sparkasse Rosenheim - Bad Aibling, www.spk-ro-aib.de

Bauzeit: Januar 2008 bis Dezember 2010
Bruttogeschossfläche: 8400 m2
Umbauter Raum: 28 000 m3

Primärenergieverbrauch:
Vorher: 400 kWh/(m 2 a)
Nachher: 100 kWh/(m 2 a)

Architektur:
SAI Schleburg Generalplanungsgesellschaft mbH, www.schleburg.de

 

Bilder: Jens Weber Fotodesign, www.jensweber.net 

 


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