Inmitten des historischen Zentrums von Sankt Petersburg und damit auf einem der wichtigsten stadträumlichen Areale entsteht bis 2016 ein neues Stadtviertel mit zeitgemäßen Büroflächen und hochwertigen, zentrumsnahen Wohnungen. Die Hauptfront des zehn-Hektar-Areals zwischen der Neva und zwei innerstädtischen Magistralen orientiert sich zum Flussufer in Richtung Eremitage und Alter Börse und schließt somit eine klaffende Lücke in der berühmten Stadtansicht. Nach Jahrzehnten der verordneten Nabelschau besann sich die Stadt 2009 auch baulich wieder ihrer europäisch geprägten Traditionen und lud namhafte europäische Architekten ein, Vorschläge für die Entwicklung des Areals einzureichen.
Gegen die hochkarätige Konkurrenz aus den Büros von David Chipperfield, Mario Botta, Rafael Moneo und Studio 44 setzte sich der Beitrag des Petersburger Architekten Evgeny Gerasimov und des aus Petersburg stammenden Berliner Kollegen Sergei Tchoban durch. Ihr klassisch inspirierter Masterplan überzeugte die Jury durch die »gelungene Vermittlung zwischen dem äußeren Erscheinungsbild des Viertels und seinen reichen Bezügen auf die umliegende Stadtlandschaft und ihre Dominanten«.
Das städtebauliche Ensemble gruppiert sich um den Platz mit der neuen Spielstätte der berühmten Boris-Eifmann-Ballettkompanie und wird die Attraktivität der ehrwürdigen aber etwas in die Jahre gekommenen Innenstadt für Einheimische und Besucher mit zeitgemäßen Mitteln steigern. Der Platz selbst steht mit seiner geometrischen Anlage erneut in bester europäischer Tradition und ist umgeben von Wohn- und Geschäftsblöcken in der ortsüblichen Traufhöhe der angrenzenden Stadtgebiete. Vom Platz in Richtung Ufer schreibt der Masterplan eine Art Stilverlauf vor. Er erlaubt rund um das Tanztheater zeitgenössische, ultramoderne Fassadenformen, in den Straßen zwischen Ufer und Oval eine moderne Architektur und am Wasser historisch inspirierte, neoklassische Interpretationen. Während der Platz im Westen ähnlich der Mailänder Galleria Vittorio Emmanuele durch eine überdachte Passage räumlich fortgesetzt wird, sind die Hauptachsen auf die Spitzen der Peter-und-Paul-Kathedrale als eine weitere Stadtmarke gerichtet. Breite Treppen in den Öffnungen der Wohnblöcke führen in begrünte und individuell gestaltete Höfe. Mit einer großzügigen Promenade, Baumreihen und Stufenanlagen für Schiffsanleger sollen Fußgänger den Stadtraum um die Keimzelle von Sankt Petersburg an der Flussgabelung neu erleben.
Die Planung für das Tanztheater stammt ebenfalls von einem Westeuropäer: Der skulpturale Entwurf des niederländischen Büros UNStudio setzt sich selbstbewusst von den geradlinigen Gestaltungsvorgaben für das umgebende Viertel ab. Und auch die planerische Besetzung für die Gestaltung der einzelnen Gebäude ist renommiert: Neben den Architekten des Masterplans entwerfen Erick van Egeraat aus Rotterdam und die Italiener Cino Zucchi und Paolo Desideri die Fronten am Platz. Für die Fassaden der Gassen wurden das Münchener Büro Hillmer & Sattler und Albrecht, Ortner & Ortner und die Architektenpaare Nalbach und Kahlfeldt und für die Wasserfront die drei Berliner Büros Patzschke & Partner, Krier Kohl Architekten und Christoph Langhoff hinzugewonnen.
Projektdaten
1. Preis im Realisierungswettbewerb, Masterplan, Teilrealisierung - Neubau des Stadtquartiers mit Fünf-Sterne-Hotel, Wohnungen, Gewerbe-und Bürozentren sowie Tanztheater
Dobrolyubov Prospekt 14 (Malaya-Newa-Ufer), Verwaltungsbezirk Petrograd 190000 St. Petersburg
Auftraggeber: OOO Peterburg City
BGF: 440.000 m²
Fertigstellung: 2016 (geplant)
Architektengemeinschaft: Evgeny Gerasimov, (EGP); Sergei Tchoban, nps tchoban voss
Projektleiter: Svetlana Merkusheva (EGP), Valeria Kashirina (nps tchoban voss)
Mitarbeiter: Karen Smirnov, Ekaterina Gorunova, Oleg Manov, Svetlana Burdonskaya, Natalia Kulaeva, Aleksey Smorygin, Dmitry Ancyrev, Georgy Sokolov, Irina Bahorina, Tatyana Chistyakova, Ilya Priporov, Andrey Slavyaninov, Maksim Gromov, Roman Pak (EGP) Pavel Zemskov, Eugen Pfeil, Tatjana Rabinovitch, Vladimir Litus, Ramona Schwarzweller, Ingo Schwarzweller, René Hoch, Silvia Grischkat, Ilja Gendelman (nps tchoban voss)