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Do, Apr

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Schweizer Botschaft in Nairobi von ro.ma. Architekten

Foto: Fabio Idini

Projekte (d)

In Nairobi, das auf einer Höhe von 1700 Metern über Meer liegt, ist das Klima mild und über das ganze Jahr ausgeglichen. Eine vielfältige und reichhaltige Vegetation prägt das Stadtbild. Fast scheint es so, als werde damit der Hauptsitz der UNO-Umweltagentur, der in Kenias Hauptstadt ansässig ist, bekräftigt – vor allem in den reicheren Stadtgegenden ist die Durchgrünung allgegenwärtig. Das gilt auch für das rund 4000 Quadratmeter grosse Areal der neuen Botschaft mit mehreren alten, mächtigen Bäumen, die bewusst in das Projekt integriert und nicht gefällt wurden, obschon dies gesetzlich möglich gewesen wäre.


Foto: Fabio Idini

Die Nachhaltigkeitsstrategie des Bundesrates – mit Zielsetzungen in den Bereichen Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt – war innerhalb der Projektentwicklung ein wichtiger Bestandteil. Insgesamt 119 Büros aus dem In- und Ausland machten am einstufigen, internationalen Projektwettbewerb mit – der 2011 vom Bund (vertreten durch das Bundesamt für Bauten und Logistik BBL), im offenen Verfahren veranstaltet wurde.

Auch geografische Distanz und Aspekte der Logistik stellten die Architekten vor Herausforderungen. Sie hatten ein internationales Projektteam zu leiten mit sehr vielen Projektbeteiligten unterschiedlichster Mentalitäten und Herkünfte – insbesondere auch vor Ort begleiteten andere Eigenheiten, andere Auffassungen von Verarbeitung, Qualität, Kosten und Zeit das Bauvorhaben. Die Handwerker arbeiteten fast ohne Maschinen, überzeugten durch handwerkliches Geschick und Kreativität bei der Umsetzung. Überzeugungsleistungen waren unumgänglich, Begegnungen und Erfahrungen unersetzlich. Ein gegenseitig aufregender und reichhaltig durchlebter Prozess, der am 15. Februar 2018, nach siebenjähriger Planungs- und Realisierungszeit mit der Eröffnungsfeier gewürdigt wurde.


Foto: Iwan Baan

Entstanden ist ein architektonisch hochstehender Bau, der die Schweiz in angemessener Weise repräsentiert und zugleich die lokale Baukultur bzw. ortsansässigen Unternehmen einbezieht. Die üppige Vegetation mit dem Baumbestand hat seine Setzung, die Geometrie wie auch die formale Umsetzung zentral beeinflusst. Die lokalen klimatischen Bedingungen haben auf die Materialisierung eingewirkt. Die neue Botschaft wirkt nach aussen schlicht und nach innen repräsentativ. Sie verzichtet somit auf eine protzige palastartige Erscheinung und integriert sich optisch in die quartierübliche »Residential-Bebauung«.


Foto: Iwan Baan

Das Quartier der neuen Botschaft gilt als erweitertes »Einzugsgebiet der Uno«, weshalb viele andere Botschaften und entsprechende Residenzen in unmittelbarer Umgebung zu finden sind. Ansonsten wohnen in diesem Gebiet (ursprünglich eine Kaffeeplantage des Schwedischen Königs) wohlhabende Kenianer oder Expats; ein ruhiges, gepflegtes Wohnquartier im Stadtteil Rosslyn, das zu dem Teil Nairobis zählt, der von grossen, teilweise im Britischen Kolonialstil erbauten Villen geprägt ist.
Das Botschaftsgrundstück selber befindet sich auf der Ostseite des Rosslyn Green Crescent und war aus Sicherheitsgründen vom Umfeld zu separieren; eine das ganze Terrain zu umgebende Sicherheitsumfriedung, mindestens 2,50 Meter hoch und mit Übersteigeschutz. Eine widersprüchliche aber nicht minder spannende Ausgangslage für die geforderte Repräsentation einer »modernen, offenen Schweiz«. Dabei manifestierte sich als einer der konzeptionellen Kernpunkte die Verschmelzung von Umfriedungsmauer und Baukörper, die beide aus eingefärbtem Sichtbeton bestehen, zu einem einheitlichen architektonischen Gebilde.


Foto: Iwan Baan

Durch das Herauswachsen des eigentlichen Gebäudes aus dieser Mauer entsteht eine spiralenartige räumliche Figur. Sie beginnt in der südöstlichen Ecke geschosshoch und integriert sich daher in die Umgebung, rahmt das gesamte Grundstück ein und endet im Zentrum zweigeschossig. Innerhalb des »Compounds« weist der eigentliche Hauptbau den geforderten repräsentativen Charakter auf, tritt aber gegen aussen sehr zurückhaltend in Erscheinung.

Das Gebäude respektiert mittels seiner geknickten, polygonalen Form die bestehende markante Baumlandschaft, Florettseidenbäume (namens Silk floss tree = Chorisia C. spesiosa) mit urigem Aussehen, stacheligem Stamm und rosa bis lachsfarbenen und weinroten Blüten – und passt sich damit zugleich bestens ein. Der Baukörper steht gewissermassen »im Park« und wird von diesem umgeben, sodass ein Maximum an Räumen an dieser natürlichen Umgebung teilhat, was grosszügige Verglasungen unterstreichen. Ebenso teilt sich damit die Parzelle nicht in eine »Hausvorder- und Hausrückseite«.

Die Umfassungsmauer wiederum bettet sich westseitig quartierverträglich in die Vegetation der sogenannten »Surrender Zone« ein, die sich aus Reserveflächen für Telefon- und elektrische Leitungen sowie die Kanalisation zusammensetzt, allesamt im Eigentum Nairobis und nicht überbaubar.

Das Grundstück weist eine gegen Norden hin leicht abfallende Topografie auf. Das Gebäude reagiert darauf im Schnitt mit einer Split-Level-Anordnung der Geschosse. Die halbgeschossig versetzten Gebäudeteile beherbergen jeweils eine funktionale Einheit. Als deren verbindendes Element dient die gebäudedurchdringende, mittige Empfangshalle, welche als Dreh- und Angelpunkt der Anlage sowie als Bindeglied zwischen öffentlichem, diplomatischem und konsularischem Bereich funktioniert. Dieser ordnet sich auf dem Niveau der Vorfahrt an, welches jenem des Zugangs für die Botschaftsbesucher entspricht. Gleich darunter (unterirdisch) befinden sich die Nebenräume, da sie ohne Tageslicht auskommen.

Lageplan

Die oberen Ebenen organisieren eher das Repräsentative und bieten Funktionen für die Öffentlichkeit. Die leicht geneigte Dachfläche schafft die dafür adäquaten höheren Räume. Der grosszügige, über die gesamte Gebäudelänge durchgehende, zentrale Erschliessungsbereich erlaubt eine einfache Orientierung und berücksichtig damit auch wichtige sicherheitslogistische Aspekte.
Die natürliche Belichtung erfolgt über die beidseitig angeordneten Raumschichten mittels Verglasungen, die sich mit den tragenden Wandscheiben abwechseln. Diese regelmässige Struktur (mit einem Rastermass von 1,2 Meter) erlaubt in den beiden äusseren Raumschichten eine flexible Unterteilung bzw. Anpassung an künftige Bedürfnisse. Die inneren (Büro)Verglasungen vermitteln gleichzeitig eine offene, transparente und moderne Büro- und Arbeitskultur.

Die vollumfänglich – sowohl für Besucher als auch für das Personal – hindernisfrei bzw. rollstuhl-/behindertengerecht ausgestattete Botschaft (schweizerische und kenianische Normen) integriert verschiedene Nutzer- und Besucherströme und deren geschickt entflochtenen Zugänge – mit der gemeinsamen Adresse bzw. Ankunft auf der Westseite gleich bei den Besucherparkplätzen.

Im individuellen Gebäudeausdruck, insbesondere im rotbraun pigmentierten Sichtbeton der Aussenfassade und Umfassungsmauer, spiegelt sich das ostafrikanische Land wider. Damit nimmt der Baukörper die Farbe der sogenannten »coffee soil« auf, der Erde, die in Kenias Hauptstadt überall präsent und durch den hohen Eisengehalt extrem rot ist. Ebenso ist diese Farbgebung ein ausgeklügelter Schachzug der Vorwegnahme, da sich über kurz oder lang alles (via Staub, Spritzwasser etc.) in diesen rostroten Farbton verfärben würde. Das begrünte Flachdach hingegen ist für Kenia eher exotisch und soll der Vorbildfunktion der Schweiz im ökologischen Bauen Ausdruck verleihen.

Mitunter auffällig sind auch die grosszügig dimensionierten Fenster, eingefasst mit geometrischen Fassadenvorsprüngen. Die Glasflächen spiegeln dabei die Vegetation und lassen das Gebäude selber ein Teil davon werden, was aber nicht nur optische Gründe hat: Der Äquator ist nah und die Vorsprünge dienen der Beschattung; ein plastischer, konstruktiver Sonnenschutz also, wodurch keine Rollläden betätigt werden müssen und der einmalige Ausblick uneingeschränkt gewährleistet bleibt.

Ansicht West
Ansicht Süd

Innerhalb des Grundstückes verläuft das Volumen diagonal zu den Aussengrenzen. Diese Positionierung erlaubt nicht nur den Weiterbestand der grösseren Bäume, sondern scheidet auch zwei Zonen innerhalb der Umfassungsmauer aus: Im Südosten entsteht eine repräsentative Vorfahrt mit oberirdischer Parkierung, welche dank ihrer umfassenden Ausbildung und zusätzlichen Bepflanzung den Auftakt bildet zu der im Nordwesten zwischen Umfassungsmauer und Neubau aufgespannten Gartenanlage, für dessen Gestaltung ein lokaler Landschaftsarchitekt beigezogen wurde.

Die beiden Zonen sind neben der Empfangshalle auch über einen mäandrierenden Weg verbunden, auf dem die vielfältige Vegetation und differenziert gestaltete Umgebung zusätzlich erlebt werden kann. Die bestehenden, in die Anlage eingebundenen Bäume haben in Kenia auch eine sozialpolitische Bedeutung. Die von der 2011 verstorbenen Wangari Maathai ins Leben gerufene Green Belt Bewegung basiert ursprünglich auf der Idee, Frauen in ländlichen Gegenden die Beschaffung von Feuerholz auf einem nachhaltigen Weg zu ermöglichen. Durch das einfache, aber effektive und symbolträchtige Pflanzen von Bäumen, wird aber gleichzeitig die Erosion nährstoffhaltiger Bodenschichten verhindert, und der Wald als natürlicher Wasserspeicher leistet einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Wüstenbildung - abgesehen von der Verbesserung der Luftqualität und der Produktion des als Brenn- und Baumaterial wichtigen Rohstoffs Holz.

Während zur Erfüllung dieser Aufgaben zehn Prozent der Fläche eines Landes mit Wald bewachsen sein sollten, sind dies in Kenia derzeit weniger als zwei Prozent. In diesem Kontext ist es umso bedeutender, dass dem Erhalt der bestehenden Bäume eine zentrale Rolle bei der Situierung der neuen Botschaft zukommt. Eine Botschaft, die zwischen Repräsentation und Zurückhaltung, zwischen verschiedenen zum Ausdruck gebrachten Bezügen oszilliert und die geforderten Aspekte der Funktionalität, Sicherheit und Nachhaltigkeit in einem stringenten Raumgefüge umzusetzen weiss.

ro.ma roeoesli & maeder architekten gmbh, www.roeoesli-maeder.ch
Mitarbeit: Christian Maeder, Philipp Röösli, Adrian Rogger

Bauherr: Schweizerische Eidgenossenschaft, Bundesamt für Bauten und Logistik BBL
Projektleiter: Jodok Brunner

Bauherrenvertretung: Bautop 2001, www.bautop-2001.ch
Mitarbeit: René Häni

DMJ Architects, www.daginternational.com
Mitarbeit: Simon Johnson

Bauleitung: Mentor Management Ltd., www.mmlea.com
Mitarbeit: Andrew Ward, Lawrence Mureithi

Landschaftsarchitekt: Concrete Jungle, www.junglescaper.com
Mitarbeit: Bruce Hobson

Bauingenieure: BG Ingenieure und Berater AG, www.bg-21.com
Mitarbeit: Markus Pieper

Metrix Integrated Consultancy, www.metrix.co.ke
Mitarbeit: Khalid Alkizim

HLKSE Ingenieure: BG Ingenieure und Berater AG, www.bg-21.com
Mitarbeit: Maxime Raemy, Benoît Müller

EAMS Ltd. Consulting Engineers
Mitarbeit: Gordon Schofield

Fassadendetail

Der Anspruch einer ökologisch sensiblen Außenbeleuchtung setzte sich bei der Illuminierung des Magazinbaus mit seiner Fassade aus gefalteter Bronze fort. Zur strikten Vermeidung von Skyglow wurde in akribischer Abstimmung mit den Beteiligten und mittels nächtlicher Bemusterungen eine Streiflichtlösung mit Linealuce-Bodeneinbauleuchten erarbeitet. Foto: HG Esch

Beleuchtung

Die Boulderhalle im schweizerischen Dübendorf ist ein Treffpunkt von kletterbegeisterten Menschen jeder Altersklasse. Auf 800 Quadratmeter gibt es eine Vielfalt an Boulderwänden und Kletterrouten.

Gebäudetechnik

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Dach

Retention im Griff: SitaRetention Twist verfügt über einen skalierten Einstellschieber, mit dem sich der Retentionsfaktor exakt justieren lässt – bei Dächern ohne Auflast ebenso, wie bei begrünten Dächern, die mit einem Gründachschacht ausgerüstet werden. Bild: Sita Bauelemente GmbH

Gebäudetechnik

Foto: Bundesverband Gebäudegrün

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