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Di, Apr

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a+r Architekten: Engagement für Myanmar

Als Standort für das Krankenhaus in Magyizin, Myanmar wurde eine Anhöhe an der vom Meer abgewandten Seite des Dorfes gewählt. Dank der erhöhten Lage dient das Gebäude auch als sicherer Rückzugsort bei tropischen Stürmen und Tsunamis. Foto: Oliver Gerhartz

Projekte (d)

In der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen ist Gesundheit als Menschenrecht festgeschrieben. Konkret bedeutet dies, dass allen Menschen Zugang zur Gesundheitsversorgung ermöglicht werden muss. Für unsere hoch entwickelten westlichen Industriegesellschaften ist das in der Regel Normalität. Arme Länder wie Myanmar sind davon aber oft noch weit entfernt. Mit einem Krankenhausneubau, der die traditionelle Bauweise in eine zeitgenössische Formensprache überführt, tragen a+r Architekten ein gutes Stück dazu bei, dass die Menschen in Magyizin, einem abgelegenen Dorf im Golf von Bengalen, einen schnelleren und besseren Zugang zur medizinischen Versorgung erhalten. Das Projekt, das derzeit auch Verletzte der jüngsten politischen Unruhen medizinisch versorgt, wurde mit dem AIT-Award 2020 ausgezeichnet.

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a+r Architekten entwickelten für den Hauptbau ein eingeschossiges Atrium-Haus. Über einen Laubengang ist der lineare Nebentrakt mit seinem markanten Pultdach zu erreichen. In ihm befindet sich unter anderem eine Isolierstation. Foto: Oliver Gerhartz

a r architekten myanmar 03Der geschützte Innenhof ist das Herz des Krankenhauses, er ist Aufenthalts- und Gemeinschaftsraum zugleich. Um ihn gruppieren sich die Patientenzimmer, die Behandlungs- und Personalräume und die Medikamentenausgabe. Foto: Oliver Gerhartz


Myanmar, früher auch als Burma bekannt, ist mit seinen rund 53 Mio. Einwohnern das zweitgrößte Land Südostasiens. Nach langen Jahren der Militärdiktatur ist es nach wie vor eines der am wenigsten entwickelten Länder der Welt. Noch immer in sehr unruhigen politischen Fahrwassern und oft heimgesucht von Naturkatastrophen wie Zyklonen, Fluten oder Erdbeben, leben in Myanmar mehr als ein Viertel der Bevölkerung in Armut. Hinzu kommt aktuell außerdem die Covid-19-Pandemie. Die medizinische Versorgung ist nicht flächendeckend gegeben und der Standard ist sehr niedrig. Myanmar hat beispielsweise eine sehr hohe Mütter- und Säuglingssterblichkeit.

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Mit seinen 20 Betten, einem voll ausgestatteten OP-Bereich, einem Kreißsaal und einem Labor dient das Project Burma Hospital rund 20 Gemeinden und 20.000 Menschen als zentrales Krankenhaus. Foto: Oliver Gerhartz

Architekturprojekte im Auftrag der NGO

Die Nichtregierungsorganisation Projekt Burma e. V. hat es sich zum Ziel gesetzt, die Lebenssituation der von Armut betroffenen Menschen in Myanmar zu verbessern. „Hilfe zur Selbsthilfe“ ist dabei das Motto des Vereins, den Marion Mück 2009 in Filderstadt bei Stuttgart gegründet hat. Unterschiedliche Projekte im Bereich Bildung, Gesundheit, Wasser und Hygiene sowie Katastrophenschutz hat Projekt Burma e. V. bereits vor Ort zusammen mit lokalen Partnern realisiert. Eines davon ist die 2014 eröffnete High School in Thazin. Die Schule ist das erste Gebäude, das a+r Architekten im Auftrag der NGO entworfen haben und vor Ort mitrealisieren durften.

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Nach fast fünf intensiven Jahren der Planung, Spendenakquise, Materialbeschaffung und Bauphase wurde das Krankenhaus im Februar 2020 eröffnet. Foto: Oliver Gerhartz

Es fehlt an Zugang zur Gesundheitsversorgung

Bei der Eröffnung der High School in Thazin traten der Bürgermeister und zwei Gemeindemitglieder des Dorfes Magyizin auf den Verein zu. Sie waren sechs Stunden mit dem Fischkutter unterwegs gewesen, um persönlich um Hilfe zu bitten. Sie schilderten eindringlich ihre Notlage mit der medizinischen Versorgung. Ihre bestehende Gesundheitsstation sei marode und vollkommen unzureichend ausgestattet.  Das nächste Krankenhaus sei über drei Stunden auf dem Moped entfernt, was für Schwerkranke oder Hochschwangere unzumutbar ist. Nach der Besichtigung vor Ort entschied der Vorstand des Vereins, dass der Krankenhausbau das nächste gemeinsame Projekt werden soll.

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Das Krankenhaus wurde in der landestypischen „brick noggin structrure“ umgesetzt, bei der eine Skelettbauweise mit Ziegeln ausgefacht wird. Foto: Oliver Gerhartz

Umfangreiches Raumprogramm

Nach fast fünf intensiven Jahren der Planung, Spendenakquise, Materialbeschaffung und Bauphase konnte das Krankenhaus im Februar 2020 feierlich eröffnet werden. Mit seinen 20 Betten, einem voll ausgestatteten OP-Bereich, einem Kreißsaal und einem Labor dient es nun rund 20 Gemeinden und 20.000 Menschen als zentrales Krankenhaus. Ein Großteil des Klinikequipments kam auf Initiative von Projekt Burma e.V. per Container aus Deutschland und wurde von hiesigen Einrichtungen und Ärzten gespendet.

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Die Deckenstruktur aus Holzfachwerkträgern wurde unterseitig zum Großteil mit geflochtenen Bambusmatten verkleidet. So zirkuliert der Luftstrom durch die offenen Fenster hinter den Schatten spendenden Klappläden über das Bambusgitter nach oben und über Lüftungslamellen im First der Giebelkrone wieder nach draußen. Foto: Oliver Gerhartz


Als Standort für den Neubau wurde eine Anhöhe an der vom Meer abgewandten Seite des Dorfes gewählt. Dank der erhöhten Lage dient das Gebäude auch als sicherer Rückzugsort bei tropischen Stürmen und Tsunamis. a+r Architekten entwickelten für den Hauptbau ein eingeschossiges Atrium-Haus. Der geschützte Innenhof ist das Herz des Gebäudes, er ist Aufenthalts- und Gemeinschaftsraum zugleich. Um ihn gruppieren sich die Patientenzimmer, die Behandlungs- und Personalräume und die Medikamentenausgabe. Der Wartebereich liegt im Freien und soll dadurch Krankheitsübertragungen möglichst minimal halten. Über einen Laubengang ist der lineare Nebentrakt mit seinem markanten Pultdach zu erreichen. In ihm befinden sich eine Isolierstation mit weiteren Krankenzimmern für ansteckende Patienten, Küchen – für die in Myanmar übliche Selbstversorgung der Patienten – sowie Lager-, Waschräume und Sanitärbereiche.

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„Überall im Gebäude herrscht angenehmer Durchzug“, erklärt Julia Raff, die Projektarchitektin, das einfache, aber wirkungsvolle Grundprinzip der Querlüftung. Foto: Oliver Gerhartz

Von der lokalen Bauweise inspiriert

Bei ihren Reisen durch das Land hatten die Architekten die traditionelle Bauweise studiert. Sie setzten, wie auch schon bei der High School in Thazin, für das Krankenhaus ein Haus mit der landestypischen „brick noggin structrure“ um, bei der eine Skelettbauweise mit Ziegeln ausgefacht wird. Beim Krankenhaus wurde das Tragskelett aus Stahlbeton errichtet, um eine größere Stabilität zu erreichen und vor Insektenbefall zu schützen. Architektonisch markant sind der bewegliche Sonnen- und Regenschutz aus Holzlamellen und die Dachkonstruktion des Atrium-Hauses mit umlaufender Giebelkrone. Beide in Kombination dienen auch der konstanten Durchlüftung – eines der großen Themen beim Bauen im tropischen Klima. Die Deckenstruktur aus Holzfachwerkträgern wurde unterseitig zum Großteil mit geflochtenen Bambusmatten verkleidet. So zirkuliert der Luftstrom durch die offenen Fenster hinter den Schatten spendenden Klappläden über das Bambusgitter nach oben und über Lüftungslamellen im First der Giebelkrone wieder nach draußen. „Überall im Gebäude herrscht angenehmer Durchzug“, erklärt Julia Raff, die Projektarchitektin, das einfache, aber wirkungsvolle Grundprinzip der Querlüftung. Da es in der Region keine Baufirmen gibt, wurde das Gebäude weitgehend von Dorfbewohnern unter Anleitung eines Zimmermanns errichtet.

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Da es in der Region keine Baufirmen gibt, wurde das Gebäude weitgehend von Dorfbewohnern unter Anleitung eines Zimmermanns errichtet. Foto: Oliver Gerhartz

Der Standort entwickelt sich

Auch die Dorfbevölkerung hat sich aktiv am Bau des Krankenhauses, das offiziell Project Burma Hospital heißt, beteiligt. Sie sammelte etwa am Strand die Steine, mit denen das zentrale Becken im Innenhof ausgelegt ist. Bei starken Regengüssen kann über die Fläche das Wasser kontrolliert abfließen. Ein noch junger Baum in der Mitte des Beckens wird in einigen Jahren zusätzlichen Schatten spenden. Im Zuge des Krankenhausneubaus finanzierte die Regierung von Myanmar zudem ein Haus für Ärzte und Pflegekräfte. So entwickelt sich das Dorf Magyizin zu einem Gesundheitszentrum für die gesamte Region. Mit der Corona-Epidemie wird das Krankenhaus auch als offizielles Quarantäne-Zentrum genutzt. Seit Ausbruch der jüngsten politischen Unruhen in Myanmar werden viele bei den Protesten verletzte, meist junge Menschen im Burma Hospital versorgt.

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Bei ihren Reisen durch das Land hatten a+r Architekten die traditionelle Bauweise studiert und sie für das Krankenhaus zeitgemäß adaptiert. Foto: Oliver Gerhartz

1. Preis beim AIT-Award

„Dieses kleine Krankenhaus verbindet in bemerkenswerter Weise pragmatische und raumprogrammatische Aspekte mit einer ,Kultur des Ortes‘. Sein Charakter besticht durch eine noble Angemessenheit und die Berücksichtigung lokaler Konstruktionstechniken. Bemerkenswerter erscheint hier, dass ortsfremde Planer jene konzeptionelle und sozialpolitische Empathie zutage gelegt haben, die bei ähnlichen Projekten in Asien oder Afrika ansonsten oft in folkloristischen Attitüden ausartet.“ So lautet das Juryurteil des Architekturpreises AIT-Award 2020, den die Fachzeitschrift AIT seit 2012 an herausragende Hochbau- und Innenarchitekturprojekte vergibt. Das Burma Hospital wurde in der Kategorie Gesundheit/Pflege mit dem 1. Preis ausgezeichnet. „Wir sind sehr stolz, dass unser Projekt die Jury überzeugt hat und unser Engagement und das des Vereins Projekt Burma gewürdigt wird“, erklärt Julia Raff von a+r Architekten. „Wir wünschen uns sehr, dass das Krankenhaus in Magyizin ein erfolgreicher Baustein für die Gesundheitsversorgung in Myanmar wird und der Verein noch viele weitere sinnvolle Aktivitäten vor Ort starten kann.“

Daten + Fakten

Projekt: Project Burma Hospital
Standort: Magyizin, Myanmar
Planungsbüro: a+r Architekten GmbH
Bauherr: Projekt Burma e. V.
Bauleitung und Projektmanagement: Projekt Burma e. V.
Planungs- und Bauzeit: 2015-2019, Eröffnung Februar 2020
Baukosten: ca. 360.000 USD, finanziert über Spenden
Bebaute Fläche: 767 qm
Nutzungsfläche: 515 qm

 


Mit der Showcase Factory wurde ein wirksames bauliches Zeichen nach innen wie auch nach außen gesetzt. Fotograf Olaf Mahlstedt

Projekte (d)

Bildquelle: Brigida Gonzalez

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Der Anspruch einer ökologisch sensiblen Außenbeleuchtung setzte sich bei der Illuminierung des Magazinbaus mit seiner Fassade aus gefalteter Bronze fort. Zur strikten Vermeidung von Skyglow wurde in akribischer Abstimmung mit den Beteiligten und mittels nächtlicher Bemusterungen eine Streiflichtlösung mit Linealuce-Bodeneinbauleuchten erarbeitet. Foto: HG Esch

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