Architektur mit Stil, das ist eine stete Herausforderung. Doch gerade da verbindet sich Kunst mit Können. Ein Wegbereiter der architektonischen Moderne – lange vor dem Bauhaus – war Hans Poelzig (1869-1936). Walter Gropius, Mies van der Rohe oder Erich Mendelsohn haben ihn dann an internationalem Renommee überrundet. Bei vielen neuen Bauaufgaben hat Poelzig vorbildliche Beispiele geschaffen: Privathaus, Quartiersplanung, Warenhaus, Denkmal, Theater, Kino, vor allem aber Industriebau und großstädtische Verwaltungsbauten. Poelzig hat sich keiner Richtung verschrieben, er sah sich „irgendwo dazwischen“. Wohl aber hat er sich der Kunst verschrieben. Im Bauen wie beim Entwurf von Möbeln, Keramik, Porzellan, Bühnenbildern für Film und Theater und nicht zuletzt in der freien Malerei trat seine Begabung hervor.
Poelzigs Karriere begann in Breslau, dem heutigen Wrocław. Dort wurde er im Jahr 1900 an die Königliche Kunst- und Gewerbeschule berufen, die sich unter seiner Leitung (1903-1916) zu einer der fortschrittlichsten Institutionen Deutschlands entwickelte. Sein Lebenswerk stieß in der Nachwelt auf wechselndes Interesse. Als einer der führenden Baumeister der Weimarer Republik missfiel er im »Dritten Reich«, das er anders als die Emigranten der deutschen Architekturmoderne zunächst in Deutschland erlebte. Dem Versuch in der Türkei ein neues Arbeitsfeld zu finden, kam 1936 der Tod zuvor. So hat Poelzig nur innerhalb der damaligen Grenzen des Deutschen Reichs gebaut. Publikationsmöglichkeiten, wie sie Walter Gropius, Ludwig Mies van der Rohe oder Erich Mendelsohn im Exil dank ihrer Lehrtätigkeiten und ihrer internationalen Kontakte hatten, blieben ihm verschlossen.
Nach seinem Tode blieb die Biographie von Theodor Heuss (1939), dem späteren deutschen Bundespräsidenten, auf lange Zeit die letzte Würdigung. Einzelne Ausstellungen, so in Krefeld 1951, hielten die Erinnerung wach. Die internationale Neubewertung des architektonischen Expressionismus und daraus erwachsende Aufmerksamkeit für die Vielstimmigkeit der Moderne verstärkten nach 1980 die Resonanz. Publikationen von Julius Posener, einem Schüler Poelzigs, hatten daran den größten Anteil. Dem frühen schlesischen Werk Poelzigs widmete sich 2001 eine Ausstellung, die das Oberschlesische Landesmuseum insbesondere dank des Breslauer Architekturmuseums zu präsentieren vermochte.
Unterschiedlich ist auch der Erhaltungszustand von Poelzig-Bauten. Manche, wie das Haus des Rundfunks in Berlin und das ehemalige I.G.Farben-Verwaltungsgebäude in Frankfurt am Main, sind heute in ausgezeichnetem Zustand. Auch in der Nähe von Ratingen kann man der Architektur Poelzigs begegnen. In Krefeld baute Hans Poelzig von 1929 bis 1931 für die Textilfabrikantenfamilie Steinert ein bemerkenswertes Haus. Dort fanden schon früh Kunstausstellungen statt, etwa 1947 der erste Deutsche Werkbundtag nach dem Krieg und 1950 eine Ausstellung von Mataré-Schülern mit dem damals 29-jährigen Joseph Beuys. Seit 2006 ist das Poelzig-Haus in Krefeld für die Öffentlichkeit zugänglich. Im Treppenhaus, das sich weitgehend im Originalzustand der Erbauungszeit befindet, werden regelmäßig Fotoausstellungen gezeigt www.galerie-im-poelzig-haus.de.
In Schlesien erfahren Poelzigs Bauten auch eine neue Beachtung. Gefährdet oder bereits seit langem verloren sind vor allem seine Industriebauten. Das ifa – Institut für Auslandsbeziehungen e. V. hat eine Ausstellung zum Leben und Wirken Poelzigs erstellt. Das Oberschlesische Landesmuseum präsentiert diese umfangreiche Gesamtschau, die mit Skizzen, Zeichnungen, Plänen, Bildern und insbesondere zahlreichen Modellen die Arbeit dieser bedeutenden schlesischen Künstlerpersönlichkeit beleuchtet.
Information und Kontakt:
Oberschlesisches Landesmuseum
Bahnhofstr. 62, 40883 Ratingen
Telefon (02102) 96 50, Fax 965 400
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