»Letztendlich ist das, was da aufgelöst wird, nur ein Abbild des Raums. Was mich viel mehr beschäftigt und fasziniert, ist, was ein Bild ausmacht und wie es entsteht.«
Ein Raum wie gemalt. Verschwommene Farbbahnen, wie mit einem derben Pinsel gezogen. Ein Innenraum, Stoffbahnen an der Wand, üppig drapiert. Vorhanglamellen? Stoffverkleidete Pilaster? Eine Wand, die sich in Farben fast aufzulösen scheint.
Ralf Bruecks »Home sweet home« ist kein Gemälde, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne, mit Pinsel und Farbe auf Leinwand gebracht. Sondern eine Fotografie eines tatsächlichen Raums, wie auch die anderen Arbeiten seiner aktuellsten Serie »Dekonstruktion«. Und doch ist es eine Form des Malens, die der Düsseldorfer Künstler hier einsetzt: Die Fotografien werden zum Ausgangsmaterial, mit dem er digital weiterarbeitet. Nicht das – gegebenenfalls inszenierte – Abbild ist Ziel des Arbeitens, sondern aus dem fotografierten Motiv wird »Arbeitsmaterial« gewonnen für die weitere, die eigentliche Gestaltung. Die Fotografie wird auf eine neue Ebene geführt.
In einem aufwendigen Prozess mit zahlreichen Arbeitsschritten – digital zwar, aber doch nicht mechanisiert, sondern aufwendig geplant, programmiert und umgesetzt, für jede Arbeit von Neuem – untersucht Brueck, was ein Bild ausmacht. Elemente der Fotografie werden herausgegriffen, verändert, neu zusammengefügt.
Im Juli zeigt Ralf Brueck neue Videoarbeiten in einer Einzelausstellung in Düsseldorf, während im Oktober eine Ausstellung im Deutschen Haus New York mit neuen Arbeiten ansteht.
Im Interview mit Simone Kraft von deconarch.com erläutert Ralf Brueck sein Interesse an Räumen und Architektur, erläutert seine Arbeit der Bildmanipulation in der neuesten Serie »Dekonstruktion« und verrät die Ironie in ihren Titeln.
Interview
Simone Kraft: Eine Ihrer aktuellen Arbeiten ist die »Dekonstruktion«-Serie. Stellen Sie uns diese kurz vor?
Ralf Brueck: Die Serie heißt »Dekonstruktion«, weil ich eine Fotografie digital dekonstruiere und sie danach wieder zusammensetze. Das, was dann daraus entsteht, ist ein Bild und keine Fotografie mehr, also etwas Neues. Und ja, die Serie wird weitergeführt. Im Moment arbeite ich an einem Projekt für die Ausstellung im Oktober, in New York. Gerade habe ich in New York in der UNO und in einigen Foyers in Manhattan, z.B. bei CBS oder im Exxon Building, fotografiert. Die neue Ausstellung setzt sich mit amerikanischen architektonischen Ikonen, explizit in New York, auseinander.
Simone Kraft: Beschreiben Sie uns diesen Prozess etwas genauer – inwiefern wird das Ausgangsbild »destruiert«?
Ralf Brueck: Ich habe eine Fotografie des Foyer des Dreischeibenhauses in Düsseldorf in meiner »Dekonstruktion«-Serie benutzt. Allerdings zeigt die fertige Arbeit kein Abbild des Foyers. Viel spannender war es, die Fotografie des Foyers als Ausgangsmaterial für die Untersuchung zu benutzen, was ein Bild ausmacht. Das heißt, Elemente des Bildes abzugreifen, zu verändern und neu zusammenzusetzen. Das ist ein eher langwieriger Prozess des Eingriffs, mit Tools aus verschiedenen Bildbearbeitungsprogrammen. Es handelt sich dabei jedoch nicht um Filter oder Effekte, sondern um selbst programmierte Arbeitsschritte, die geplant sind und nicht auf Zufällen basieren.
Simone Kraft: Stichwort »Dekonstruktion« – hat Derridas Denken bewussten Einfluss auf die Serie?
Ralf Brueck: Sofern sich das darauf bezieht, die eigene Bildsprache ständig zu hinterfragen, schon.
Simone Kraft: Sie arbeiten hier mit Architekturmotiven und -formen, was interessiert Sie daran?
Ralf Brueck: Unser Leben wird neben sozialen Faktoren so stark wie nie von urbaner Architektur bestimmt. Die Umgebung, in der ich lebe, war mir schon immer wichtig, und von daher war es ein natürlicher Schritt, die Architektur in meine Arbeit einzubeziehen.