Jan Zöller gestaltet in intensiven Farben und mit klaren Formen fantastische Welten, die doch nie den Bezug zur Realität verlieren. In seinen Arbeiten reflektiert der 1992 geborene Künstler die Beziehungen und Abhängigkeiten zwischen Menschen und Systemen, sozialen und gesellschaftlichen Dynamiken und ökonomischen Kreisläufen. Dabei nutzt er seine eigene Ikonografie immer wiederkehrender Motive.
Urbane Strukturen treten in Form von Brunnen, Mauern und Straßenlaternen in Erscheinung, Natur als Bäume und Büsche oder stilisierte Elstern und Raben. Immerzu tauchen auch Hosenbeine auf, die rastlos durch die Bilder laufen. Mal sind sie körperlos, mal bestehen ihre Oberkörper aus Brunnenbecken oder den besagten Vögeln. Sie sind Personifikationen des Menschlichen. Alles ist in Bewegung, ja geradezu in Hektik versetzt, wodurch sich das eigentliche Thema von Zöllers Werken offenbart: die Einbindung des Individuum in eine spätkapitalistische Verwertungs- und Leistungsgesellschaft, aus der es kein Entkommen gibt. Auch nicht in oder mit der Kunst. Und so thematisiert Zöller auch immer wieder den Kunstbetrieb mit seinen Produktions-, Präsentations- und Rezeptionsprozessen, Gepflogenheiten und Codes.
Courtesy: Jan Zöller und Kunstverein Friedrichshafen. Fotograf: Kilian Blees
Obwohl Ausstellen auch gleichzeitig Zeigen bedeutet, löst er in For every thing that is shown, some thing is hidden das, was im Titel bereits angedeutet ist, auch ein. Bereits beim Betreten der Ausstellung läuft man auf eine große Wand zu, auf der lediglich eine kleine Papierarbeit mit der Aufschrift „NOTHING TO SEE HERE“ zu sehen ist.
Geht man trotz diesem Irritationsmoment weiter, verstellt eine riesige Wand aus blauem Styrodur Eintritt und Einsicht in den Ausstellungsraum. An der gegenüberliegenden Wand zieht sich ein zur Raumecke hin ansteigender Pfad aus Erde entlang. Erst danach gelangt man in den großen Ausstellungsraum, in dem dann doch noch Bilder zu sehen sind.
Eine Treppe führt in das obere, kabinettartige Geschoss, an dessen Stirnseite eine wandfüllende Leinwand hängt. Dem Bild gegenüber steht eine Installation, die an ein Schwimmbecken erinnert oder eben an jene Brunnen, die zu Zöllers charakteristischen Motiven gehören. Überall verteilen sich in den Ausstellungsräumen kleine Erdhügel. Wie in einem performativen Akt verteilen die Besucher die Erde in den Räumen und hinterlassen so als Protagonisten der Ausstellung ihre Spuren.
Courtesy: Jan Zöller und Kunstverein Friedrichshafen. Fotograf: Kilian Blees
Unweigerlich wird man in diesen raumgreifenden Ensembles selbst zu den rastlosen Hosenbeinen, Elstern und Raben, die Jan Zöllers Bilder bevölkern. Damit geht einher, dass die Ausstellung auch gleichzeitig ein Bühnenbild für ein Theaterstück ist, das Zöller mit seinem Kindheitsfreund Felix Baumann zurzeit entwickelt. Die Installation der Ausstellung ist bereits der erste Akt der Kollaboration und dient der Erprobung, wie Elemente der Bildenden und Darstellenden Kunst miteinander kombiniert werden können und in einen Austausch treten.
Jan Zöller (*1992 in Haslach im Kinzigtal) lebt und arbeitet in Karlsruhe. Er hat an der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe bei Leni Hoffmann und Marijke van Warmerdam sowie an der École nationale supérieure des Beaux-Artes bei Jean Marc Bustamante studiert. Er erhielt 2017 den Postgraduiertenpreis der Kunstakademie Karlsruhe, wurde 2018 mit dem 24. Bundespreis für Kunststudierende der Bundeskunsthalle Bonn, und 2021 mit dem Arbeitsstipendium der Stiftung Kunstfonds ausgezeichnet.
Seine Werke wurden in Einzelausstellungen in der Städtischen Galerie Ostfildern, bei Meyer Riegger (Karlsruhe), Robert Grunenberg (Berlin), der Galerie Ehrhardt Flórez (Madrid), Spazio Buonasera (Turin), DINAMIKA (Moskau) und in Gruppenausstellungen u.a. in der Bundeskunsthalle Bonn, der Baumwollspinnerei (Leipzig), dem Kunstverein Heidelberg, Coherent (Brüssel) und der Osnova Gallery (Moskau) gezeigt.
Kunstverein Friedrichshafen
Buchhornplatz 6
88045 Friedrichshafen
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