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Di, Apr

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Das »grüne« Fassadenelement »Fluidglass«

Fachartikel
»Fluidglass«-Prototyp der TU München, Foto: Sven Beham

Eine Fassade, die transparent ist, isoliert und gleichzeitig als Sonnenkollektor sowie Beschattungssystem funktioniert? Das klingt nach der berühmten eierlegenden Wollmilchsau. Dank Unterstützung der EU ist das Forschungsprojekt »Fluidglass« der Universität Liechtenstein aber auf dem besten Weg zur Marktreife.

Weitere Informationen im ingenieurmagazin.com/fluidglass

Transparente Fassaden sind ein zentrales Element moderner Architektur. Jedoch: Viele große Gebäude sind mit weit mehr durchsichtiger Fläche ausgestattet als es aus energetischer Sicht sinnvoll ist. Im Sommer heizen sie Gebäude zu sehr auf und im Winter isolieren sie nur schlecht. Dazu kommt, dass Energieeffizienz heute notwendiger ist denn je. Das Forschungsprojekt »Fluidglass« der Universität Liechtenstein eröffnet mit einem innovativen Konzept neue Möglichkeiten für Green Buildings, indem es den Energiefluss innerhalb der Gebäudehülle kontrolliert.

»Fluidglass« verbindet dafür die Vorteile einer Glasfassade mit den Funktionen von Heizungs- und Kühlkomponenten. Die Idee des Teams rund um Dietrich Schwarz, Professor am Institut für Architektur und Raumentwicklung an der Universität Liechtenstein, klingt verblüffend einfach: Mit Mikropartikeln angereichertes Wasser, das zwischen Glasscheiben zirkuliert, dient zur Verschattung und Absorption überschüssiger Energie. Um höchste Ansprüche an Flexibilität zu gewährleisten, kann die Lichtdurchlässigkeit der Verglasung variiert werden.

Komfortabel
Als so genanntes adaptives Fassadenelement übernimmt »Fluidglass« wichtige Funktionen im Gebäude. Im Sommerbetrieb kann der Sonnenschutz jederzeit dem tatsächlichen Bedarf angepasst werden. Im Vergleich zu anderen Sonnenschutzmaßnahmen erlaubt dies eine bestmögliche Versorgung des Innenraums mit Tageslicht bei uneingeschränkter Sicht nach außen. Darüber hinaus bietet die Verglasung die Möglichkeit, den Innenraum zu kühlen, sodass zusätzliche Kühlgeräte dort nicht mehr nötig sind. Im Sommerbetrieb sinkt dadurch der Strombedarf für die Kühlung und für künstliche Beleuchtung deutlich. Im Winter bietet die Verglasung nicht nur beste Isolationseigenschaften, sondern auch die Möglichkeit den Innenraum mit diesem Element zu beheizen. Zusätzliche Heizkörper werden hinfällig.

Praxisorientiert
Trotz der zahlreichen gebäudetechnischen Funktionen, die dieses Fassadenelement übernimmt, kann es mit einem neutralen Erscheinungsbild und voller Transparenz der Verglasung punkten. Es bietet Architekten und Planern Gestaltungsfreiheit und lässt sich unkompliziert in eine moderne Architektursprache integrieren. »Fluidglass« vereint wichtige technische Aufgaben in sich und senkt nicht nur die Kosten bei der Installation der Gebäudetechnik. Aufgrund der hohen Effizienz hilft es, den Energiebedarf langfristig gering zu halten. Bei Gebäudesanierungen verspricht das neue System eine Energieeinsparung von 50 bis 70 Prozent, bei neuen Niedrigenergiegebäuden von 20 bis 30 Prozent.

Dank der modularen Bauweise eignet sich das Fassadenelement für den Neubau genauso wie für den Einbau in bestehende Strukturen. Und im Gegensatz zu bekannten Systemen kann »Fluidglass« an jeder Seite eines Gebäudes verwendet werden – nicht nur an Fassaden mit südlicher Ausrichtung. Es verwandelt passive Glasfassaden in aktive, transparente Sonnenkollektoren.

Europäisch
Gemeinsam mit Forschungseinrichtungen und Unternehmen in der Schweiz, Deutschland, Frankreich, Österreich, Tschechien und Zypern wird der Prototyp jetzt zum marktfähigen Produkt weiterentwickelt. Wertvolle Unterstützung kommt dabei von der EU. Die Europäische Kommission treibt das Projekt im Rahmen des 7. Forschungsrahmenprogramms mit einer Zuwendung von über 3,8 Millionen Euro voran. In vier Jahren soll das Projekt abgeschlossen sein.


Vorteile von »Fluidglass« gegenüber bekannten solarthermischen Systemen:

Parameter Bestehende Systeme »Fluidglass« (Zielvorgaben)
Ästhetik Grosse optische Eingriffe in das Erscheinungsbild eines Gebäudes Neutrales Erscheinungsbild eines Fensters
nachrüstbar Nur bei einem geringen Anteil von Gebäuden möglich aufgrund optischer Eingriffe in die bestehende Architektur Minimalinvasiv – daher für eine Vielzahl an Gebäuden geeignet  
einfach einsetzbar nein Ja, durch Tausch mit alten Fenstern
Transparenz 99 % sind undurchsichtig Transparent
g-Wert* Statisch von 0,3 bis 0,7 bei Isolierverglasung Dynamisch von unter 0,03 bis 0,6
Verwendung thermischer Wärmegewinnung Maximal 70 % aufgrund unkontrollierbarer Überversorgung zu Spitzenzeiten Bis zu 100 % dank Wärmeverteilung

Europäische Kommission cordis.europa.eu/projects/rcn/110009_en.html
Universität Liechtenstein www.uni.li/fluidglass

Beteiligte Unternehmen und Institutionen:

ALCOA, www.kawneer.com/kawneer
Amires, www.amires.eu
CEA-INES, www.ines-solaire.org
Cyprus Research and Innovation Center (CyRIC), www.cneric.eu
GlassX AG, www.glassx.ch
Hoval, www.hoval.com
Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstruieren (ILEK), Universität Stuttgart, www.uni-stuttgart.de/ilek
MGT, www.mgt.at
NTB Hochschule für Technik Buchs, www.ntb.ch
Technische Universität München (TUM), www.tum.de


Der Anspruch einer ökologisch sensiblen Außenbeleuchtung setzte sich bei der Illuminierung des Magazinbaus mit seiner Fassade aus gefalteter Bronze fort. Zur strikten Vermeidung von Skyglow wurde in akribischer Abstimmung mit den Beteiligten und mittels nächtlicher Bemusterungen eine Streiflichtlösung mit Linealuce-Bodeneinbauleuchten erarbeitet. Foto: HG Esch

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