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Klinikum Fulda: Hygienische Sanierung der Trinkwassererwärmungsanlagen

Fachartikel
Als Wilhelm von Oranien vor 200 Jahren den Startschuss für den Bau eines neuen Landkrankenhauses in Fulda gab, war dies ein Meilenstein in der gesamten Region. Denn schon das damalige Wilhelmshospital hatte ein großes Einzugsgebiet. 160 Jahre später platzte das inzwischen erweiterte Krankenhaus aus allen Nähten. Man musste einen wesentlichen größeren Neubau ins Auge fassen, der 1975 in Dienst gestellt wurde. Seither hat das Klinikum sich dynamisch entwickelt. Immer neue Kliniken, Institute und Spezialisten kamen hinzu. Heute hält dieses ärztliche, pflegerische und medizintechnische gut ausgestattete Großkrankenhaus ein breites Leistungsangebot vor, das für Städte vergleichbarer Größe nicht selbstverständlich ist.

Das Klinikum Fulda wird als gemeinnützige Aktiengesellschaft im Eigentum der Stadt Fulda geführt. Als Krankenhaus der Zentralversorgung und Akademisches Lehrkrankenhaus der Philipps- Universität Marburg, sowie der Hochschule Fulda verfügt das Klinikum Fulda über fast 1.000 Betten in 29 Kliniken und Instituten. In einem Einzugsgebiet mit etwa 500.000 Einwohnern versorgen ca. 2.600 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter jährlich 38.000 stationäre Patienten. Damit ist das Klinikum Fulda der größte Arbeitgeber der Region. Die Klinik entstand in den 70-er Jahren und besteht heute aus insgesamt acht Gebäudeteilen, die teilweise in der Folgezeit angebaut oder neu erbaut worden sind. Als aktuelle Baumaßnahme entsteht zur Zeit ein »Frau-Mutter-Kind-Zentrum«.

Im Rahmen der Gesamtsanierung entschied sich der Betreiber, der hygienischen Sanierung der Trinkwassererwärmungsanlage den Vorrang gegenüber der noch anstehenden Sanierung des gesamten Leitungsnetzes der Klinikanlage zu geben, was dann im Zuge der Grundsanierung des Bettenhauses erfolgt.

Wärmeversorgung
Bereits im Jahre 1980 wurde die Wärmeversorgung des Klinikums teilsaniert und vier BHKW- Module (Blockheizkraftwerk) mit einer Gesamtleistung von 800 kW installiert. Diese decken zu 90% die Wärmeversorgung der Trinkwassererwärmungsanlage ab. Die restlichen 10% werden von einer Kesselanlage beigesteuert.

Sanierung der Trinkwassererwärmungsanlage
Nach den positiven Betriebserfahrungen aus dem Jahr 2007 in den Bettenhäusern A und B wurden im Folgejahr alle weiteren sechs Gebäudeteile saniert und mit einer jeweils separaten Trinkwassererwärmungsanlage ausgestattet. Nach Vorinstallation und Verkabelung erfolgte der Umschluss auf die neuen Anlagenteile und deren Inbetriebnahme in den Nachtstunden und bei erstaunlich geringem Zeitaufwand. So konnte die Warmwasserversorgung an über 1800 Zapfstellen nahezu ununterbrochen aufrecht erhalten werden, ohne den Klinikbetrieb ernsthaft zu stören.

Bei der Sanierung hat man aus hygienischen Gründen ganz auf eine Trinkwasserspeicherung verzichtet.
Dies ist mit sogenannter Frischwassertechnik möglich. Mit dem Begriff »Frischwassererwärmer« hat sich die griffige Bezeichnung für Geräte etabliert, die korrekt aber sperriger als »Wasser-Wasser -Durchlauferhitzer« zu bezeichnen wären. Gemeint sind also Systeme, die Erwärmung im Durchfluss erbringen. Das Präfix »Frisch« steht dabei für die bedarfsgerechte Erwärmung des Trinkwassers, die in einem Gegenstrom-Plattenwärmetauscher erfolgt. Das Trinkwarmwasser wird also »just in time« erzeugt. Das Prinzip trägt die Bezeichnung Frischwassertechnik, das Gerät nennt sich Frischwassererwärmer (kurz FWE) und die komplette Anlage wird als Frischwassersystem bezeichnet. 

Die Frischwassersysteme der Firma varmeco, Kaufbeuren, die im Klinikum Fulda zum Einsatz kamen, bestehen aus einer Kombination von Frischwassererwärmern und Pufferspeichern. Sie vereinen damit die Vorteile der Speicherung (durch Entkopplung von Wärmebedarf und –angebot) mit den Hygienevorteilen des Durchflussprinzips.
Im Klinikum Fulda waren vor der Sanierung 40 m³ Trinkwarmwasserspeicher im Einsatz. Um das damit verbundene gesundheitliche Gefahrenpotential zu entschärfen und gleichzeitig die hydraulische Einbindung multivalenter Systeme zu vereinfachen, entschied sich der Betreiber für die Frischwassertechnik.

Funktionsweise Frischwassertechnik:
Herzstück der Frischwassertechnik ist ein Plattenwärmetauscher, in dem das Trinkwasser im Durchfluss auf die Trinkwarmwassertemperatur gebracht wird. Eine Pumpe mit elektronischer Regelung fördert die hierfür nötige Menge Ladewasser. Das Lade- oder Heizwasser wird über Puffer (Leitwerkschichtspeicher) zur Verfügung gestellt, die über beliebige Wärmequellen (Kessel, Nahwärmenetz, Solaranlage) versorgt werden.
Wird Warmwasser gezapft, registriert der Durchflusszähler den Volumenstrom. Der Regler errechnet aus dem Durchfluss und den vorhandenen Temperaturen die richtige Leistung, mit der die Ladepumpe versorgt werden muss. Hierfür wird eine Regelstrategie auf Basis neuronaler Netze verwendet, die in Struktur und Funktionsweise eine primitive Nachahmung des menschlichen Gehirns ist: Der Regler ist lernfähig und kann sein Verhalten durch Lernprozesse an die individuellen Gegebenheiten der Anlage anpassen. So wird immer, auch bei stark schwankender Zapfmenge und Speichertemperatur, durch die genaue Dosierung des Heizwassers die gewünschte Warmwassertemperatur eingehalten.

Vorteile Frischwassertechnik:
Hygiene: Der Speicher, oft Ursache für Legionellenprobleme, liegt auf der Heizseite, ist vom Trinkwasser abgekoppelt und daher hygienisch unschädlich gemacht - die Hygieneproblematik wird auf das Verteilsystem reduziert.
Leistungsbereich: Durch Kaskadierung der Frischwassererwärmer ist ein weiter Leistungsbereich bei hervorragendem Teillastverhalten möglich.
Effektivität: Das Heizwasser wird extrem weit abgekühlt, die Rücklauftemperaturen während der Trinkwassererwärmung liegen deutlich unter 30°C. Dies ermöglicht z.B. optimale Brennwertnutzung und hohe Wirkungsgrade bei Kollektoranlagen.
Kalk: Da im Speicher nur Heizwasser ist, sind Temperaturen auch weit über 60°C erlaubt. Die in der Solartechnik bestehende Gefahr der Speicherverkalkung existiert nicht.

Kaskadierung:
Anlagen mit großem Leistungsbedarf, wie im Klinikum Fulda gegeben, werden mit mehreren Geräten ausgeführt. Vergleichbar mit den Heizkesselkaskaden sprechen wir hier von Frischwassererwärmer-Kaskaden. Die Geräte werden dabei parallel nach dem System »Tichelmann« miteinander verrohrt. Bei geringem Bedarf arbeitet nur ein Gerät. Mit steigendem Durchfluss werden weitere Geräte zugeschaltet. Durch die Kaskadierung ist eine hohe Regelgüte auch im unteren Teillastbereich gegebenund eine hohe Verfügbarkeit gesichert. Eine gleichmäßige Belastung der einzelnen Frischwassererwärmer wird über eine Kaskaden-Rotation erreicht, d.h. nach einer bestimmten Wassermenge wird die Rangordnung gewechselt. Bei einem möglichen Ausfall eines Gerätes wird automatisch auf das nächste Gerät umgeschaltet.

Einbindung in das Heizungssystem
Die Leitwerkschichtspeicher der einzelnen Trinkwassererwärmungsanlagen werden zentral über die BHKW-Anlage versorgt. Die Nachladung wird entsprechend über Ladeventile gestartet oder gestoppt. Insgesamt stehen 800 kW über die BHKW-Anlage zur Verfügung. Diese werden in den seltensten Fällen aufgrund der unterschiedlichen Verteilung überschritten. Wird doch kurzzeitig eine höhere Gesamtleistung benötigt, werden vorhandene Kessel dazu geschaltet.

Dimensionierung der Anlagen
Während die Auslegung des Frischwassererwärmers über die Spitzenleistung relativ einfach und eindeutig ist, stellt die Speicherdimensionierung eine gewisse Herausforderung dar. Denn die Speichergröße ist abhängig von der Kesselleistung, der Speicherwassertemperatur, den Temperaturfühlerpositionen am Speicher und besonders vom zeitlichen Verlauf der Warmwasserlast. Auch das vorhandene Platzangebot ist zu berücksichtigen. Die unterschiedlichen Variationsmöglichkeiten lassen sich am besten im Wärmeschaubild beurteilen: Verglichen wird dort die Bedarfskurve in Form der Gesamt-Warmwasserlast mit der Angebotskurve, die sich aus der Kombination Speicher-/Kesselgröße und weiterer Parameter ergibt. Eine Variante ist dann brauchbar, wenn sich zu keiner Zeit eine Unterdeckung einstellt.
Die Bedarfskurve, auch bekannt unter dem Namen Summenlinie, wird aus dem Bedarf einzelner Zapfstellen aufsummiert, die sich natürlich zu sinnvollen Gruppen zusammenfassen lassen und als Kollektiv mit einer sinnvollen zeitlichen Verteilung anzusetzen sind, z.B. statistisch normal verteilt (Gaußsche Normalverteilung). Auch die Zirkulationswärmeverluste werden hier mit einer konstanten Leistung berücksichtigt.
Für die Angebotskurve sind die Parameter Speichervolumen und -temperatur, Kesselleistung und Fühlerpositionierung (Schalthysterese) relevant.
Aufgetragen über eine sinnvolle Bedarfsperiode, typischerweise 24 Stunden, liefert das Wärmeschaubild die Sinnhaftigkeit der Variante, die Spitzenleistung für Warmwasser, den Spitzendurchfluss, den Tageswärmebedarf, sowie die Kesselstarts und -laufzeiten. Der ermittelte Spitzendurchfluss ist die Basisauswahlgröße für den Frischwassererwärmer. Das Speichervolumen ist über das Wärmeschaubild iterativ ermittelt worden. Damit stehen alle notwendigen Größen für die Gesamtauswahl von Speicher und Frischwassererwärmer zur Verfügung.

Durch die Umstellung von Trinkwarmwasserspeichern auf Frischwassertechnik konnte das Warmwasservolumen in der Anlage um 40 m³ reduziert und die Energiespeicherung auf hygienisch unrelevante Pufferspeicher verlagert werden.

Bauherr: Klinikum Fulda gAG, www.klinikum-fulda.de

Technik: Varmeco GmbH & Co. KG, www.varmeco.de

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Bildquelle: Brigida Gonzalez

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