In den vergangenen Jahren haben sich die deutschen Gerichte vermehrt mit der Frage beschäftigt, wie weit die Beratungspflichten der Planer in rechtlicher Hinsicht reichen. Oftmals wünschen sich die Bauherren insbesondere bei den Vertragsverhandlungen mit den ausführenden Unternehmen Unterstützung, welche so manch ein Planer bereitwillig leistet. Dies kann aber nicht nur zur Haftung des Versicherungsnehmers führen, wenn einzelne Klauseln in den Verträgen unwirksam sein sollten, sondern auch den Verlust des Versicherungsschutzes nach sich ziehen. Dabei ist es hilfreich einen Partner an der Seite zu haben, der Ihre Architekten- oder Ingenieurverträge prüft und Sie zu den resultierenden Haftungsrisiken sowie zur Konformität mit Ihrem Versicherungsschutz berät.
Der Fall
In einem Fall, der bis zum BGH gelangte, wurde ein Architekt sogar wegen unerlaubter Rechtsberatung verurteilt. Vorliegend war der Architekt mit den Leistungsphasen 1 bis 8 für den Neubau eines Geschäftshauses beauftragt. Er stellt seinem Auftraggeber einen Vertragsentwurf mit einer von ihm formulierten Skontoklausel zur Verfügung, die der Auftraggeber in der Folgezeit regelmäßig verwendete. Diese war als allgemeine Geschäftsbedingung allerdings unzulässig, sodass der Auftraggeber tatsächlich kein Skonto geltend machen konnte und den Schaden bei dem Architekten geltend machte.
Das Urteil
Die Gerichte entschieden, dass die Formulierung von Skontoklauseln eine unerlaubte Rechtsdienstleistung nach § 3 Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) darstellt und gerade keine erlaubte Nebenleistung nach § 5 RDG. Danach sind Rechtsdienstleistungen im Zusammenhang mit einer anderen Tätigkeit erlaubt, wenn diese als Nebenleistung zum Berufs- oder Tätigkeitsbild gehören. Ob eine Nebenleistung vorliegt, ist nach ihrem Inhalt, Umfang und sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit unter Berücksichtigung der Rechtskenntnisse zu beurteilen, die für die Haupttätigkeit erforderlich sind. Zum Berufsbild eines Architekten oder Ingenieurs gehören zwar unter Umständen auch Rechtsdienstleistungen, wie beispielsweise die Beratung im Zusammenhang mit bauordnungsrechtlichen Vorschriften zur Zulässigkeit eines Bauvorhabens. Auch aus den Leistungsphasen der HOAI ergeben sich im gewissen Umfang rechtliche Beratungsleistungen, wie z.B. aus LPH 7 h, Mitwirkung bei der Auftragserteilung. Vorliegend beurteilte das Gericht die Bereitstellung einer Skontoklausel zu Recht allerdings nicht als eine solche Mitwirkung. Denn unter der Mitwirkung bei der Auftragserteilung sei die Vorbereitung und Anpassung der Verträge zu verstehen. Hieraus könne aber nicht der Schluss gezogen werden, dass der Architekt oder Ingenieur einen juristisch einwandfreien Vertragsentwurf schulde. Andernfalls könne er einer Haftung nur entgehen, wenn er wiederum selbst einen Rechtsanwalt mit der Prüfung des Vertragsentwurfes beauftragte. Die Vertragsentwürfe sind grundsätzlich vom Auftraggeber oder dem Unternehmer selbst zu erarbeiten. Die Pflicht des Planers beschränkt sich darauf, die Ausschreibungsergebnisse in die jeweiligen Verträge zu überführen sowie die Verträge an während der Submission erzielte Verhandlungsergebnisse anzupassen. Hinsichtlich der Vertragsgestaltung an sich obliegen dem Planer lediglich Beratungspflichten, wie z.B. zur Dauer der Gewährleistungsfristen einzelner Gewerke. Die Pflicht des Planers beschränkt sich darauf, die Ausschreibungsergebnisse in die jeweiligen Verträge zu überführen sowie die Verträge an während der Submission erzielte Verhandlungsergebnisse anzupassen. Hinsichtlich der Vertragsgestaltung an sich obliegen dem Planer lediglich Beratungspflichten, wie z.B. zur Dauer der Gewährleistungsfristen einzelner Gewerke (vgl. BGH, Urteil vom 09.11.2023, Az. VII ZR 190/22).
Die geregelten Leistungen des Berufsbildes
Das Berufsbild des Architekten oder Ingenieurs umfasst bereits nach § 650p BGB, in dem der Architektenvertrag geregelt ist, keine allgemeinen Rechtsdienstleistungen. Es enthält allein diejenigen Leistungen, die erforderlich sind, um die vereinbarten Planungs- und Überwachungsziele zu erreichen. Diese ergeben sich aus dem Architektenvertrag sowie den Gesetzen, Verordnungen und anerkannten Regeln der Technik. Die Bereitstellung von Vertragsentwürfen oder auch einzelnen Vertragsklauseln geht über die typischerweise mit der Verwirklichung von Planungs- und Überwachungszielen verbundenen Aufgaben und damit über das Berufsbild des Architekten hinaus.
Sofern ein Architekt oder Ingenieur dennoch vertraglich zur Erbringung von allgemeinen Rechtsdienstleistungen verpflichtet wird, ist eine solche Vereinbarung nichtig. Werkvertragliche Schadensersatzansprüche gegen den Planer sind damit zwar ausgeschlossen, nicht aber die allgemeinen Schadensersatzansprüche, bspw. nach §§ 311 Abs. 2 Nr. 1, 241 Abs. 2, 280 Abs. 1 BGB oder nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 RDG.
Risiken für den Versicherungsschutz
Auswirkungen hat dies auch auf den Versicherungsschutz der Architekten und Ingenieure. Ansprüche aus unerlaubter Rechtsberatung sind vom Versicherungsschutz nämlich nicht umfasst. Architekten und Ingenieuren ist daher zu raten, im Zweifelsfall Rücksprache mit ihrem Versicherer zu halten, bevor sie ihr Berufsbild überschreiten und den Versicherungsschutz gefährden. Dem Auftraggeber ist in solchen Fällen die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts zu empfehlen, sollte der Auftraggeber einzelne Vertragsklauseln oder ganze Verträge rechtlich qualifiziert geprüft oder gar entworfen haben wollen.
Die AIA AG ist ein unabhängiger, berufsständischer Versicherungsmakler und spezialisiert auf Risiken und aktuelle Herausforderungen von Architekten und Ingenieuren. In über 45 Jahren konnten wir eine umfangreiche Expertise aufbauen und übernehmen im Rahmen unserer Geschäftstätigkeit Verantwortung für die ganze Berufsgruppe der Architekten und Ingenieure. Dazu gehört auch eine ständige Weiterentwicklung und Innovationsbereitschaft, um Sie auch in Zukunft bestmöglich abzusichern
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