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Di, Apr

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Zwischen abstrakt und konkret

Hochbau

Sie bleiben als neuzeitliche Ergänzung erkennbar – das Direktorenhaus und die Doppelhaushälfte des benachbarten Meisterhauses. Und doch stellen die auf das reine Volumen reduzierten Neubauten die alte Ensemble-Komposition wieder her.

Die Bauten sind auf ihre reinen Volumen reduziert – wo einst Fenster waren, sind die Mauern eingeschnitten und mit transluzenten Gläsern geschlossen.
Die Bauten sind auf ihre reinen Volumen reduziert – wo einst Fenster waren, sind die Mauern eingeschnitten und mit transluzenten Gläsern geschlossen.

Nicht immer wird das, was Architekten planen, genauso Realität. Besonders bei Sichtbeton weichen Idee und Umsetzung gerne voneinander ab – besonders, wenn es sich dabei um Ortbeton handelt. Statt ebenmäßigen und homogenen Oberflächen legt das Entschalen ruppige Wände oder Mauern frei. Vor derlei Diskrepanz bleiben selbst prominenteste und engagierteste Bauvorhaben nicht verschont – auch nicht die »neuen« Meisterhäuser in Dessau. Mineralische Lasuren von Keim und die Experten der Berliner Arbeitsgemeinschaft Betonlasur retteten dort das architektonische Konzept der beiden neuen Gebäude. Die stehen als die scharfkantige Monolithe dort, wo kurz vor Ende des Zweiten Weltkrieges ein Bombentreffer für Verwüstung sorgte. Damals fielen das 1926 erbaute Direktorenhaus und die benachbarte, einst von Moholy-Nagy bewohnte Doppelhaushälfte zusammen. Während letzteres nie mehr aufgebaut wurde pflanzte man 1956 auf den noch intakten Keller des Direktorenhauses ein Einfamilienhaus mit Satteldach auf.

Um den gewünschten monolithischen Ausdruck zu erreichen, verwendeten die Architekten Leichtbeton, der vor Ort hergestellt wurde. Weil zu dunkel und zu ungleichmäßig, wurden die Oberflächen drei Mal mit weiß pigmentierter, mineralischer Lasur Keim Concretal überarbeitet.

Während die verbliebenen Meisterhäuser in den vergangenen Jahren nach und nach restauriert wurden, blieben Brache und Satteldach unangetastet. Erst 2002 wuchs die Idee einer Rekonstruktion heran, begleitet von ausgiebigen Diskussionen um Sinn oder Unsinn derselben. Mehrere Architekturwettbewerbe blieben ohne bauliches Ergebnis, erst 2010 sollte sich das ändern. Der Gewinner dieses Wettbewerbs, das Architekturbüro BFM in Berlin, präsentierten eine Wiederherstellung, die nur ansatzweise mit Rekonstruktion zu tun hatte und hat. Statt detailgetreuer Nachbauten lässt das Konzept die Häuser nur als scharfkantige, monolithische Volumen wieder erstehen. Die Kuben bestehen aus Dämmbeton, vor Ort als glatte Flächen errichtet; wo einst Öffnungen waren, ist die Hülle ausgeschnitten und mit transluzenten Gläsern in schmalen schwarzen Rahmen geschlossen. Die Abstraktion ist gewollt, statt das konkrete Abbild zu vermitteln, produziert das Konzept eine Unschärfe, ein vages Bild dessen, was einst war. Dieses Prinzip potenziert sich im Inneren, die überhaupt nichts mehr mit der Raumaufteilung von einst zu tun hat, deren Wände und Decken sich völlig von der Hülle lösen. Eine ausgesprochen eigenwillige und zunächst irritierende Idee, die sich aber nach einer Annäherungsphase als ausgesprochen sinnfällig erweist.

Auch die konischen Vertiefungen der Schalungsanker mussten flächenbündig geschlossen und farblich angeglichen werden. Gerade diese Kombination aus Spachtelung und Lasur erwies sich als Herausforderung.

Nun ist die monolithische Wirkung letztlich auch eine Frage der Oberflächen-Homogenität des Dämmbetons. Weil die aber nicht in dem Maße gewährleistet war, wie von den Planern verlangt, stand früh die Überarbeitung mit einer Lasur fest. Neben der Angleichung von Grauverschiebungen, der Aufhellung des insgesamt zu dunklen Betons, dem »Nachschärfen« der Kanten und dem Ausbessern von Schäden ließen sich so auch die konischen, ausgespachtelten Ankerlöcher der Schalungen verbergen.

Für die Umsetzung dieser Homogenisierung waren die Experten der Berliner Betonlasur AG zuständig, die bereits die Betonoptik zahlreicher prominenter Bauten retteten. Für die beiden Meisterhäuser nutzte man die leicht weiß pigmentierte mineralische Lasur Keim Concretal, manuell mittels Bürsten appliziert. Laut Oliver Jungheim von der Arbeitsgemeinschaft waren besonders die Ankerlöcher schwer zu überarbeiten. Ursprünglich ware zunächst einen hydrophobierender und dann zwei lasierende Arbeitsgänge geplant. Tatsächlich setzte das Team drei Lasurgänge um, nur so ließen sich die Helligkeitsunterschiede auf der Fläche wie gewünscht angleichen. Dort Deckenuntersichten im Außenbereich wurden so an die Gesamtwirkung beschichtungstechnisch angeglichen.

Trotz scharfer Konturen erzeugen die Volumen der neuen Gebäude ein unscharfes Abbild der Historie – die lasierte Oberfläche unterstützt diese beabsichtigte Wirkung ideal.

Oliver Jungheim, der selbst Architekt ist, ist der Meinung, dass mit der Lasur die Idee der Unschärfe auf der Oberflächenebene weitergeführt und dem Konzept noch mehr Konsequenz verliehen wurde. Gerade das Lasieren war schwierig, angesichts der großen, ungegliederten Flächen, auf denen aber keinerlei Ansätze erlaubt waren.

Projekt: Neubau Meisterhäuser Bauhaus Dessau
Standort: Ebertallee 59, Dessau
Architektur: Bruno Fioretti Marquez Architekten, www.bfm-architekten.de
Bauherr: Stadt Dessau-Roßlau
Oberflächenlasur: Arbeitsgemeinschaft Betonlasur Oliver Jungheim / Jürgen Steines GbR, www.betonlasur.de
Lasurmaterial: Keim Concretal-Lasur, Keimfarben, www.keimfarben.de

 


Der Anspruch einer ökologisch sensiblen Außenbeleuchtung setzte sich bei der Illuminierung des Magazinbaus mit seiner Fassade aus gefalteter Bronze fort. Zur strikten Vermeidung von Skyglow wurde in akribischer Abstimmung mit den Beteiligten und mittels nächtlicher Bemusterungen eine Streiflichtlösung mit Linealuce-Bodeneinbauleuchten erarbeitet. Foto: HG Esch

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