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Do, Dez

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Die höhere Mathematik der Ästhetik

Fassade

Die Digitalisierung hat die Architektur verändert. Es entstehen Gebäude und Fassaden, die ohne 3D-Konstruktion und rechnergestützte Algorithmen nicht möglich wären. Dank seiner Formbarkeit wurde auch das flexible »Super Spacer« Abstandhaltersystem aus Strukturschaum in einigen der exponiertesten, freigeformten Glasfassaden der vergangenen Dekade verbaut. Der Abschied vom rechten Winkel bedeutet, dass Glaselemente in organischen Bauten ausschließlich als Unikate ausgeführt sind. Tausende individueller Isolierglaseinheiten für ein einziges Objekt sind aus mehreren Gründen nur mit flexiblen Abstandhaltern machbar.

Mehr als 20 Jahre sind vergangen, seit beim Entwurf der Titanaußenhaut für das Guggenheim-Museum in Bilbao erstmals die CAD-Software CATIA für ein renommiertes Gebäude eingesetzt wurde. Mittlerweile ist diese ursprünglich für den Flugzeugbau entwickelte Software auch in der Glasarchitektur unersetzlich. Man kann mit Fug und Recht behaupten, dass komplexe Gebäude wie Zaha Hadids »The Opus« oder auch das noch im Bau befindlichen »Museum of the Future« in Dubai ohne digitale Planungswerkzeuge nicht realisierbar wären.

Die studierte Mathematikerin Zaha Hadid wusste, was sie ihren Entwürfen zumuten konnte. Auch andere Architekten nehmen heute vermehrt die Hilfe von Mathematikern in Anspruch, um komplexe Formen zu realisieren. Auch bei der letzten, 2014 abgeschlossenen Sanierung des Eiffelturms spielte die noch relativ junge Disziplin der Architekturgeometrie eine Rolle. Eine der wesentlichen Anforderungen an die neu zu gestaltende, erste von drei Aussichtsplattformen in 57,6 Metern Höhe lautete, für die Besucher attraktiver zu werden. Aus einem Architektenwettbewerb ging der Entwurf des Pariser Büros Moatti-Riviére als Sieger hervor.

Jeweils zwischen zwei Pfeilern wurden der Gustave-Eiffel-Pavillon sowie der Ferrié-Pavillon mit Museum sowie Info- und Servicebereich neu errichtet. Für das bereits bestehende Restaurant 58 Tour Eiffel glich man die Glasfassade an die der beiden anderen Pavillons an. Glasflächen nach innen und nach außen, ein 130 Quadratmeter großer Glasboden, der den Blick auf das untenliegende Marsfeld freigibt und eine 2,5 Meter hohe, umlaufende gläserne Balustrade sind nichts für Menschen mit ausgeprägter Höhenangst, begeistern jedoch alle anderen Besucher mit größtmöglicher Transparenz in alle Himmelsrichtungen. Die doppelt gekrümmten Glasfassaden der Pavillons folgen dem Neigungswinkel der Pfeiler von 17 Grad.

Naturgemäß ist eine acht Meter hohe und mehr als 20 Meter breite konkav und konvex geformte Glasfassade nicht aus einem Stück zu fertigen. Für die Modellierung der einzelnen Paneele musste die Freiformfläche nach dem Prinzip der Diskretisierung in einzelne, nicht-plane Flächenstücke zerlegt werden, die natürlich an den Verbindungslinien keine messbaren Abweichungen aufweisen durften. Doppelt gekrümmte Glaselemente waren aus Kostengründen ausgeschlossen, und so holten die Fassadenplaner RFR Paris das Team der Evolute GmbH um Professor Helmut Pottmann, einen der Vordenker der Architekturgeometrie, mit ins Boot. Das Resultat monatelanger Optimierung der Berechnungsalgorithmen war am Ende ein »Mosaik« aus einfach zylindrisch gebogenen, viereckigen Glaselementen, die auf modernen Glasbiegemaschinen wirtschaftlich zu fertigen waren.

Um die energetischen Anforderungen zu erfüllen, entschied sich der Straßburger Fassadenbauer HEFI für Isolierglaselemente aus gebogenem Qualitätsglas des italienischen Biegespezialisten SUNGLASS s.r.l. mit »Super Spacer« TriSealTM Premium Plus als Abstandhalter. Um sicherzugehen, dass die Fassaden den auf dem Eiffelturm herrschenden Windverhältnissen standhalten, wurden die Auswirkungen verschiedener Klimalasten auf Randverbund und Scheiben mithilfe der Finite-Elemente-Methode simuliert und die Passgenauigkeit der Scheiben nach dem Einbau mit einem 3D-Scanner überprüft. Laut Christoph Rubel, Technikexperte bei Edgetech Europe GmbH, passt sich ein flexibler Abstandhalter jeder Glasbiegung an und reduziert die durch die Temperatur- und barometrischen Veränderungen verursachten Spannungen im Glasrand. Dadurch wird eine höhere Dauerhaftigkeit und Gasdichtigkeit als bei Randverbundsystemen mit rigiden Abstandhaltern erreicht.

Vielen Experten gilt das derzeit im Bau befindliche »Museum of the Future« in Dubai als das komplexeste Gebäude der Welt. Nach der Eröffnung im Jahr 2019 soll es eine Heimat für Innovationen und Visionen sein, von der Wissenschaft über die Medizin bis hin zu Architektur und Design. Entworfen hat das torusförmige Gebäude mit der prägnanten Öffnung in der Mitte Shaun Killa von Killa Design. BuroHappold ist verantwortlich für das Engineering, BAM International für die Konstruktion und AFFAN Innovative Structures fertigt die Fassade aus faserverstärktem Edelstahl, die von Tausenden passgenau gefertigter Isolierglaselemente durchbrochen ist und ihr die einzigartige Kalligraphie-Ornamentik verleihen. Laut Shaun Killa stand Feng Shui Pate beim Design. Symbolisieren runde Formen doch im Feng Shui die Fruchtbarkeit der Erde, die Grenzenlosigkeit des Himmels und die Leere dazwischen das Unbekannte, also die Zukunft. Die arabischen Schriftzeichen geben Zitate des Herrschers von Dubai und Gründers des Museums, Scheich Muhammad bin Raschid Al Maktum, wieder.

Für Fernando Morante, technischer Direktor von AFFAN, ist die dreidimensionale Form in jeder Hinsicht eine noch nie dagewesene Herausforderung. Beginnend mit dem Brandschutz existierten keinerlei gültige Normen und Standards, daher entwickelte AFFAN für die Außenhaut einen speziellen, ultraleichten Verbundwerkstoff, der alle Brandschutzprüfungen mit Bravour bestand. Nicht nur beim Hightech-Baustoff, auch bei der aufwändigen 3D-Konstruktion mit CATIA nahm man Anleihen bei der Luftfahrt. „In der vordigitalen Zeit hätte man dieses spektakuläre Gebäude nicht planen können“, ist sich Fernando Morante sicher.

Rund 7.000 Isolierglaselemente, jedes davon individuell geformt, werden in die Außenhaut eingelassen, zusammen mit rund 36.000 Meter Edgetech »Super Spacer« TriSealTM Premium Plus Abstandhalter. Dank der Flexibilität des Materials kann man bis an die Grenzen des technologisch Machbaren gehen. Mit rigiden Abstandhaltern wären die perfekt geformten Fenster praktisch nicht machbar gewesen, zumal die Qualitätsanforderungen extrem hoch sind – nicht überraschend für ein Gebäude, das in jeder Hinsicht Maßstäbe setzt.

Edgetech Europe GmbH, www.superspacer.com

 


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