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Di, Mär

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Sanierungsmaßnahmen im Schloss Kummerow

Blick von der Zufahrt auf die Südfassade von Schloss Kummerow.

Fassade

Mecklenburg-Vorpommern ist ein Eldorado für Schlösserfans. Viele Neueigentümer haben aus ihren maroden Gebäuden wahre Schmuckstücke gemacht, so auch der Berliner Unternehmer Torsten Kunert. Sein Schloss am Kummerower See besticht durch ein außergewöhnliches Sanierungskonzept, das die Spuren der Vergangenheit konserviert und sichtbar nur dort Neues setzt, wo Fehlstellen entstanden sind. Seit 2016 ist es öffentlich zugänglich und beherbergt Kunerts überaus sehenswerte Sammlung internationaler Fotografie.

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Von der Seeseite bietet das 1730 im Stil des Spätbarocks erbaute Anwesen mit dem Haupthaus, den Wirtschaftsgebäuden und einem nach Plänen von Peter Joseph Lenné gestalteten Park einen beeindruckenden Anblick. Bei genauerem Hinschauen lassen sich aber auch die Zeichen der Zeit und die wechselhafte Geschichte des Guts ablesen: Nach dem Zweiten Weltkrieg erlitt die Liegenschaft einen langsamen Niedergang, wurde als Flüchtlingsauffanglager und später, während der Zeit der DDR, als Schule, Rathaus und Konsumverkaufsstelle mit Gastwirtschaft genutzt und schließlich von der Deutschen Post übernommen. Nach der Wende und mehrfachem Wechsel der Eigentümer und Konzepte ohne Instandsetzungsmaßnahmen befand sich das Schloss 2012 in einem desolaten und akut gefährdeten Zustand.

Das Schloss beherbergt die hochkarätige Sammlung des Eigentümers mit dem Schwerpunkt internationaler Fotografie.
Das Schloss beherbergt die hochkarätige Sammlung des Eigentümers mit dem Schwerpunkt internationaler Fotografie.

Ein bröckelndes Denkmal

So erwarb es der heutige Schlossherr Torsten Kunert bei einer Versteigerung. Die jahrelang unterbliebenen Reparaturen und Instandhaltungen hatten gravierende Schäden an Dach, Dachentwässerung, Fenstern und Türen sowie am Außenputz zur Folge. Die Dachbetonsteindeckung war großflächig undicht geworden, die Schwammbildung hatte bereits eingesetzt und führte zu zahlreichen Schäden und Substanzverlusten am originalen Dachtragwerk aus Eichen- und Kiefernholz sowie den Stuckdecken aus dem 18. Jahrhundert. Um weitere Schäden zu verhindern, wurde umgehend mit der Sicherung und Sanierung des Bestandes begonnen. Die Arbeiten fanden unter besonderen Vorzeichen statt, denn das konservatorische Konzept des Bauherrn sah vor, die Spuren der Zeit deutlich erlebbar zu belassen.

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„Diese Anforderung bedeutete für die am Bau beteiligten Planer wie Handwerker in bestimmten Bereichen eine große Umstellung und Abkehr von der gängigen Praxis. Hier war keine handwerkliche Perfektion im herkömmlichen Sinne gefragt, sondern die Sensibilität den Bestand sichtbar zu lassen, ihn nicht optisch perfekt zu überarbeiten,“ erklärt Architekt André George.

Patina statt Perfektion

Die Fördermittel für die Sanierung waren in mehrere Tranchen für verschiedene Abschnitte aufgeteilt worden. „Als ich die architektonische Leitung übernahm, weil mein Vorgänger plötzlich verstorben war, war gerade ein solcher Abschnitt erreicht, das hat meinen Einstieg einfacher gemacht“, so der Architekt.

Restauriert mit Liebe zum historischen Detail.
Restauriert mit Liebe zum historischen Detail.

 

Bei der Fassadensanierung war die Vorgabe, möglichst große Bestandspartien des Originalputzes zu erhalten und zu sanieren. Dazu mussten größere Flächen hinterfüllt werden. Wo dies nicht möglich war, wurde ein neuer Kalkputz angemischt, mit regionalen Sanden, die auch im Originalputz verwendet wurden. George: „Ziel war es die Fassade nicht zu beschichten, sondern in der besonderen Eigenfarbe des Putzes zu belassen. Der Putz ist nur abgerieben und seine feine körnige Struktur freigelegt worden. Dieser erhöhte denkmalpflegerische Aufwand hat sich gelohnt, die Vorstellungen von Herrn Kunert wurden erfüllt.“

Damit sich die Dachgestalt in angemessener, patinierter Form der Fassade zuordnet und diese nicht durch eine neuwertige Erscheinung übertönt, wurden die Hälfte der für die Dachdeckung benötigten Biberschwänze gebraucht zusammengekauft und nur in der jeweils unteren Lage durch neue ergänzt, sodass das Dach eine Patina hat.

Dialog zwischen Alt und Neu

Diesen Ansatz setzte man auch in den Innenräumen um. Die Holzbalkendecke in einem Raum wurde nach der Instandsetzung der Konstruktion ohne Verputz belassen, damit der Aufbau und die notwendigen Sanierungsarbeiten beispielhaft sichtbar bleiben. Holzoberflächen an Treppengeländern und Türen wurden lediglich gereinigt und abgebürstet, Ergänzungen bewusst nicht farblich gefasst und angepasst – die Spuren der Vergangenheit sollten ebenso sichtbar bleiben wie Unregelmäßigkeiten durch den Gebrauch. Der interessierte Besucher kann alten Stuck entdecken, lediglich gesäubert und fixiert, faszinierende Farbspiele historischer Wandhäute oder ein Stück Abwasserleitung, das aus der Wand ragt und Zeugnis ablegt von dem ehemals pragmatischen Umgang mit historischer Bausubstanz.

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Die Wandflächen der Räume wurden vielfach nicht vollflächig weiß gefasst. Sie zeigen Flächen mit erhaltenen Zeitzeugnissen, Oberflächenbearbeitung und Farbtöne aus der Bauzeit sowie Anstriche und Symbole der sozialistischen Nutzungszeit. An den Wänden des Saales finden sich verblichene Schablonen-Drucke mit stilisierten Cocktailgläsern in 60er-Jahre-Ästhetik – Relikte aus DDR-Zeiten, als hier viel getanzt und gefeiert wurde – neben durchgehend weiß gefassten Wänden als Hintergrund für die hochklassigen Kunstwerke.

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Schäden und Mängel ließ man mit mineralischem NHL-Kalkputz Fein von KEIM so verschlichten, dass sie noch als solche zu erkennen sind. Der kalkmatte Anstrich erfolgte mit der Kalkfarbe KEIM Athenit-forte. „Ich versuche immer, meine Bauherren von der Qualität KEIM’scher Silikatfarben zu überzeugen, weil ich selbst davon überzeugt bin“, erklärt der Architekt. „Lichtechtheit, Dauerhaftigkeit und bauphysikalische Vorteile sind Qualitätsmerkmale, die sich oft schon nach fünf Jahren rechnen und dann viele Jahre Freude bereiten.“

Überall entdeckt man Spuren der Vergangenheit.
Überall entdeckt man Spuren der Vergangenheit.

 

Mit Fertigstellung der Außenanlagen im Mai 2018 wurden die Gesamtmaßnahmen nach über 6-jähriger Sanierungszeit abgeschlossen. Noch gilt die fotografische Sammlung auf Schloss Kummerow als Geheimtipp, doch schon pilgern Kunstbegeisterte aus ganz Deutschland dorthin und entdecken ganz „nebenbei“ die Schönheit der historischen Schlossanlage und ihrer kunstvollen Wiederherstellung. Werke namhafter Vertreter der Ostfotografie sowie weltweit renommierter Stars der Fotografie- und Video-Szene wie Candida Höfer, Andreas Gursky, Thomas Demand, Helmut Newton und Marina Abramovič stehen im Dialog mit den Spuren der Vergangenheit des Hauses und seiner Geschichte. Die besten Voraussetzungen also dafür, dass Schloss Kummerow ein Mekka für Kunst- und Architekturinteressierte werden wird.

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Bautafel

Bauherr: Schloss Kummerow gGmbH

Eigentümer: Schloss Kummerow gGmbH, Torsten Kunert

Architekten: André George, Rostock, www.architekt-andre-george.business.site

Ausführende Betriebe:
Malerbetrieb Thomas Koch, Grimmen;
Malerbetrieb Braß, Neukalen;
Neumühler Bauhütte, Schwerin;

Produkte:
KEIMFARBEN, Diedorf, www.keim.com

Fotos:
André George, Rostock
Thomas Wesely

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