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Do, Dez

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Restaurierung des alten Gerichtsgebäudes im Andreas Quartier, Düsseldorf

Hochbau

Das neobarocke denkmalgeschützte ehemalige Gerichtsgebäude mit großem Säulenportikus am Haupteingang ist Teil des neu errichteten Andreas Quartiers in Düsseldorf. 

Von der ursprünglichen blauen Farbigkeit im Entree des alten Gerichtsgebäudes in Düsseldorf war nicht mehr viel zu sehen. Und auch sonst befanden sich das Gebäudeinnere und die Fassade in einem dürftigen Zustand. Ziel war es, den Charakter des denkmalgeschützten Gebäudes zu erhalten und gleichzeitig einer neuen Nutzung zu entsprechen, denn es sollte Teil und Ausgangspunkt des neuen Andreas Quartiers werden.

Die Straßenfronten des Gebäudes sind mit Klinkern verblendet, um eine Einbindung in die frühneuzeitliche Backsteinarchitektur der Altstadt sicherzustellen.

Inmitten der Düsseldorfer Altstadt ist rund um das ehemalige Amts- und Landgericht ein neues Viertel entstanden: das Andreas Quartier. Es wurde auf einem 18.000 Quadratmeter großen Grundstück errichtet und umfasst Wohnungen, Büroräume, Gastronomie und ein Hotel. Den Ausgangspunkt zum Andreas Quartier bildet das neobarocke denkmalgeschützte ehemalige Gerichtsgebäude mit großem Säulenportikus am Haupteingang. Hinter dem historischen Gebäude, das Teil des Quartiers ist, gruppiert sich das neu erbaute Wohn- und Lebensquartier um zwei Innenhöfe.

Große Freitreppen und ein beeindruckendes Tonnengewölbe mit Kassettengliederung und Blattrosetten nehmen den Besucher in Empfang.

Das historische Gebäude
Felix Dechant entwarf das Gebäude, das von 1913 bis 1923 auf dem Gelände des alten frühklassizistischen Statthalterpalais’ des Herzogtums Jülich-Kleve-Berg erbaut wurde. Der mehrflügelige Gebäudekomplex gruppiert sich um fünf Lichthöfe in drei Geschossen mit Attikageschoß und Walmdach. Die Straßenfronten des Gebäudes sind mit Klinkern verblendet, um trotz des gewaltigen Bauvolumens eine Einbindung in die frühneuzeitliche Backsteinarchitektur der Altstadt zu gewährleisten. Ein Teil der frühklassizistischen Fassade des abgebrochenen Statthalterpalais wurde in den Neubau integriert. Matthias Berg, verantwortlicher Denkmalpfleger, beschreibt das Gebäude als »spätwilhelminische Prachtarchitektur, die den Status des Rechts und des Staates nach außen zeigen sollte.« An der Hauptfassade rahmen Eckrisalite die zurückversetzte Mittelpartie, der ein Vollsäulenportikus ionischer Ordnung vorgelagert ist und dessen Architrav reiche Bauplastik schmückt. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Gerichtsgebäude erweitert: Von den 1950er Jahren bis 2012 prägten Bürogebäude das Areal, darunter ein zehnstöckiges Hochhaus aus den 1960er Jahren, die für die Neu- und Umbauten im Andreas Quartier abgebrochen wurden.

Durch das Zusammenspiel von dunkelblauem Anstrich mit steinimitierend gestalteten Wänden und Architekturelementen entsteht eine expressive Farbigkeit.

Restaurierung der Kernbereiche
Um das neobarocke Gebäude in das Andreasquartier integrieren und nutzen zu können, bedurfte es einer Restaurierung und Sanierung. Laut Denkmalpfleger Matthias Berg hat man sich denkmalpflegerisch auf bestimmte Kernbereiche festgelegt, die öffentlich zugänglich sind. Dazu gehören die Fassaden des Gebäudes und im Inneren der Eingangsbereich mit der großen Halle, die dahinterliegende große Verteilhalle, die Flure in der ersten, zweiten und dritten Etage – soweit sie öffentlich sichtbar sind – und die vier Nebentreppenhäuser. Dementsprechend sind auch diese Bereiche restauriert worden, während in anderen Teilen des Gebäudes der Bauherr freier im Umgang mit der historischen Bausubstanz war.

Zu den Restaurierungsarbeiten im Innenbereich zählte auch die Kunststeinrestaurierung und -reinigung im Bereich der Treppen und der Sockel.

Bewahrung der historischen Fassade
Die Firma Nüthen Restaurierungen aus Erfurt startete 2014 mit der Restaurierung: Bauleiter Christian Gierke erklärt, dass mit Teilen der Fassaden begonnen wurde . Die Hauptarbeit bestand generell darin, Ziegel und Natursteine auszutauschen. Für weitere Arbeiten an der Fassade nutzten die Restauratoren mineralische Farben und Lasuren der Firma KEIM. Der Putz an der Klosterfassade blieb erhalten und wurde partiell ergänzt. Wie Sandra Meinholz, leitende Restauratorin vor Ort, ausführt, erfolgte der Grundanstrich und die aufliegende Lasur mit »KEIM Soldalit«. Es gibt einen Bereich der Fassade an der Liefergasse, an dem das Gesims aus Beton gefertigt wurde. Hier erfolgte eine Betonsanierung mit anschließendem Anstrich mit »KEIM Concretal“, auf den mit Naturschwämmen zwei weitere Farbtöne gestupft wurden, um den Naturstein zu imitieren. Die Arbeiten an der Fassade dauerten drei Jahre und waren Anfang 2017 abgeschlossen.

In einem Beitrag aus einer Bauzeitschrift von 1928 wurde das Innenraumkonzept konkret beschrieben, auch die blaue Farbe der Wände.

Mit mineralischen Produkten...
Betritt der Besucher den Innenraum des ehemaligen Gerichtsgebäudes, empfangen ihn faszinierende Freitreppen und ein großes Tonnengewölbe mit Kassettengliederung und Blattrosetten. An den Wänden leuchtet blaue Farbe. Dies war nicht immer so. Der Zustand vor der Restaurierung innerhalb des Gebäudes war katastrophal: Es war dunkel und verschmutzt, zum Teil waren sogar Gipsplatten und Holzverkleidungen an die Wände genagelt. Unter den letzten Oberflächen entdeckte man im Foyer den historischen Bestand der Farbfassungen, anhand dessen in Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt die Musterflächen gelegt wurden. Das Blau der geschossübergreifenden Wände des zweiten und dritten Obergeschosses lasierten die Restauratoren mit einer verdünnten Sol-Silikatfarbe von KEIM. Die historischen Farbbefunde wurden mit dem NCS Farbsystem ermittelt und festgelegt.

... in alten Techniken restauriert
Im ersten, zweiten und dritten Obergeschoss rekonstruierten die Restauratoren die historische Steinimitationsmalerei mit einer Stupf-Wickeltechnik. Mit einem festen Nesseltuch wurde der erste Farbton gewickelt und anschließend der zweite Farbton mit einem Naturschwamm gestupft – eine sehr zeitintensive und aufwendige Technik. Auch hier kam »Optil« von KEIMFARBEN zum Einsatz.
Das Schablonieren – eine der ältesten bekannten Maltechniken – fand in der Deckenbemalung der Treppenhäuser großflächig Anwendung. Die Restauratoren rekonstruierten die Malereien in Form und Farbe nach historischem Befund. Anhand dieser Befunde fertigten sie mehrschlägige Schablonen an, mit deren Hilfe sie die unterschiedlichen Farben aufstupften. Hier arbeiteten die Restauratoren über Kopf ganz oben im Treppenhauskopf. An den Decken in einem Verbindungstrakt, in dem sich heute die Rezeption eines Hotels befindet, waren noch Restbestände der historischen Gestaltung vorhanden, die mit »KEIM Reversil« ergänzt wurden.
Zu den weiteren Restaurierungsarbeiten im Innenbereich, die sich von Januar bis Oktober 2017 erstreckten, zählten auch die Freilegung und der Neuanstrich der Stuckdecken sowie die Kunststeinrestaurierung und -reinigung im Bereich der Treppen und der Sockel.

Überzeugungsarbeit mit Herausforderungen
Durch das Zusammenspiel des dunkelblauen Anstrichs mit den steinimitierend gestalteten Wänden sowie den Architekturelementen Säulen und Sockel aus Naturstein und Kunststein ergibt sich eine feierliche, aber auch eine expressive Farbigkeit. Es hat gegenüber Architekt und Investor viel Überzeugungsarbeit gekostet, die blaue Farbe wieder zu rekonstruieren, denn beide waren für eine grauweiße Lösung. Aber es konnten historische Befunde vorgewiesen werden. Und in einem Fachbeitrag aus einer Bauzeitschrift von 1928 wurde das Innenraumkonzept konkret beschrieben, unter anderem diese blaue Farbigkeit. Das hat Investor und Architekt letztendlich überzeugt. Ebenso erkannte der Bauherr, dass breite Flure und dicke Wände Nutzfläche kosten und plante deshalb, alles zu entkernen. Nach Angaben von Denkmalpfleger Matthias Berg war das nicht erwünscht, weil die baulichen Strukturen zur Geschichte des Baus dazugehören. Im zweiten und den darüber liegenden Stockwerken willigte der Denkmalschutz in eine teilweise Nutzung der alten Flurflächen als Bäder, Küchen und sonstige Nebenräume ein. Die Fassade zur Straßenseite blieb unverändert, die zu den übrigen Seiten weitgehend erhalten. Dabei mussten, um die Charakteristik des Gebäudes zu erhalten und der neuen Nutzung Genüge zu tun, natürlich Kompromisse eingegangen werden. Und auch für die Restauratoren war diese Baustelle eine Herausforderung, denn man musste mit den verschiedenen anderen Gewerken parallel arbeiten. Diese alle unter einen Hut zu bekommen war nicht immer einfach.

Sorgsame Erhaltung und gelungene Integration
Nach der sorgsamen Restaurierung und der gelungenen Umnutzung des denkmalgeschützten Gebäudes ist die Eingangshalle des Altbaus heute mit Gastronomie für die Öffentlichkeit zugänglich, Büros, Wohnungen, ein Tagungs- und Seminarzentrum sowie Apartments eines Hotels befinden sich in den weiteren Teilen des Gebäudes. Zudem fanden die Verantwortlichen mit den modern gestalteten Wohneinheiten hinter dem Denkmal eine gelungene Lösung, alte und neue Architektur miteinander zu kombinieren.

Bautafel
Bauherr: Frankonia Eurobau AG, www.frankoniaeurobau.de

Planung: slapa oberholz pszczulny | sop GmbH & Co. KG | architekten, www.sop-architekten.de

Restaurierung: Nüthen Restaurierungen GmbH + Co. KG, www.nuethen.de

Produkte: KEIMFARBEN GmbH, Diedorf, www.keim.com

Produkte: KEIM Reversil, KEIM Optil, KEIM Soliprim, KEIM Concretal, KEIM Soldalit

Fotos: Falko Behr/Nüthen


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