Achim Pohl, einer der beiden Gründer und Geschäftsführer von Artefakt Design aus Darmstadt, ist häufiges Jurymitglied bei der Verleihung von Designpreisen. Der jüngste Preis, den Achim Pohl als Jurymitglied vergeben hat, war der erstmalig ausgelobte iF Nachwuchsförderpreis. Nachhaltig beeindruckten ihn mehrere junge Designer, die mit ihren Produkten nicht nur gutes Industriedesign schufen, sondern gleichzeitig unsere Zukunft gestalten, indem sie drängende Probleme unserer Zeit lösen. Wie das Gewinnerprodukt von zwei Studentinnen aus Indien, das eine Lösung für die Problematik fehlender Sanitäranlagen in Elendsvierteln findet: eine Toilette, die im Recyclingverfahren aus Reissamen gepresst wurde. Die auf den Acker gebrachte, volle Toilette vereint später Dünger und Samen.
Wie wird man Juror?
In Zeiten des Internets, wo jeder auf sich aufmerksam machen kann, sicherlich einfacher als 1990. Damals funktionierte die Auswahl in erster Linie über den Gewinn von Designpreisen. Nachdem Achim Pohl und Tomas Fiegl bereits während des Studiums mehrere Nachwuchsförderpreise gewonnen hatten, wurde auch Achim Pohls Diplomarbeit, ein muskelbetriebenes Tragflächenboot, mit dem Braun Preis Kronberg ausgezeichnet. Dieser Trend setzte sich im gemeinsamen Büro Artefakt Design fort. Sie erhielten wichtige Designpreise, wie den Red Dot best of the best. Ihr Schwerpunkt lag damals im Sanitärbereich und konzentriert sich heute auf Produkte rund um die Bereiche Architektur und Cycling. Das Design ihres ebenen Duschpaneels anstelle einer Duschtasse war 1990 völlig neuartig und patentiert. Der Startschuss zu einem breiten Trend, der heute zum Standard geworden ist.
Achim Pohls Jurorentätigkeit begann 2002, mit der Moderation des Braun Preises im Stuttgarter Literaturhaus, als ARTEFAKT DESIGN sich in Fachkreisen schon einen Namen aufgebaut hatte. Ein Jahr später folgte die Jurytätigkeit beim Osram Nachwuchspreis für Studenten und 2006 für Jado in Orlando/Amerika. Da im Ausland große Unternehmen die Preisausschreibenden sind, reiste er in den Folgejahren für Ideal Standard u.a. nach Shanghai, Russland, Ägypten und Bulgarien. Mit dem Design Plus-Preis auf der ISH für Sanitär Design ging es auch in Deutschland weiter. Während dieser Jahre hatte er eine Lehrtätigkeit an der Hochschule Darmstadt und seine Studenten waren vielfach erfolgreich mit ihren eigenen Produkten. Seitdem sitzt er regelmäßig in der Jury für den iF Designpreis.
Die wichtigste Voraussetzung für seine Jurorentätigkeit ist eine konstant hohe Designqualität und deren beständige Auszeichnung durch die Design-Institutionen bis heute. Artefakt hält diese Kontinuität seit über 30 Jahren und erhielt mehr als 300 Preise, etliche „Best of“ oder „Gold“.
Designer als Übersetzer
Für Achim Pohl hört Design nicht bei der äußeren Gestaltung auf. Der Benutzer steht im Mittelpunkt. Um für ihn das maximale Ergebnis zu entwickeln, benötigt es Kenntnisse bezüglich neuester Technologien, Produktionsprozesse, Marketing und der Vertriebswege. Außergewöhnlich ist daher, dass sie trotz dieser Praxisorientiertheit mit einer Vielzahl von Preisen ausgezeichnet wurden. Für Pohl sind Designer Übersetzer oder nonverbale Kommunikatoren. Neue Technologie muss gestaltet werden, damit sie verstanden wird. Der iF Designpreis oder der Red Dot sind dabei wie die Oscar-Verleihungen der Schauspieler: Man sieht, welche Designs am Puls der Zeit sind, welche Büros dieses Lebensgefühl über das Produkt transportieren und daher immer wieder ausgezeichnet werden.
Wie geht das, wenn man Jurymitglied ist und ein eigenes Produkt ist im Wettbewerb?
Die eigene Integrität ist das wichtigste. Eine Jury nur aus Designern zusammenzustellen, die nicht am Wettbewerb teilnehmen, wäre schwierig, denn man würde die besten ausschließen. Aus diesem Grund gibt es verschiedene Jurorengruppen. Steht das eigene Produkt doch innerhalb einer Gruppe zur Diskussion, verlässt das betroffene Jurymitglied den Raum. Das ist selbstverständlich und wird von allen Jurymitgliedern so gehandhabt.